‘Karl Barth und die Suche nach einem Weg zwischen den Fronten des Kalten Krieges‘

Rinse Reeling Brouwer

Karl Barth und die Suche nach einem Weg zwischen den Fronten des Kalten Krieges

In seinem Vortrag ‘Die Kirche zwischen Ost und West’ (1949)[i] umschreibt Karl Barth die nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Gegensatz von Ost und West, ganz im Einklang mit der üblichen Redeweise, einerseits in die ‘mehr einfache’ Gestalt eines weltpolitischen Machtkonflikts zwischen den beiden neuen Weltreichen Ruland und den Vereinigten Staaten von Amerika, die durch dem Ausgang des Krieges die alte europäische Reiche abgelöst haben, andererseits, und schwieriger zu beschreiben, in die Gestalt ,zweier verschiedener Auffassungen vom Menschen und besonders von der gesellschaftlichen, der politisch-wirtschaftlichen Ordnung seiner Lebens, zweier mächtiger geistiger Prinzipien und Systeme.’ Über den ersten Aspekt ist Barth ohnehin klar: denkt man an jene großen wilden Tiere im Buch Daniel, Andeutungen der damaligen Weltreiche, kann ein biblisch belehrter Christ nur eines: nicht mittun. Aber auch zum zweiten Aspekt ist zu sagen, dass ein westlicher Christ sich nicht an die westlichen, ein östlicher Christ sich nicht an die östlichen ‚Ideologie’ fest verbinden kann. Gerade eine nicht-Parteinahme ist für den Christen die gebotene politische Stellungnahme.

Diese Stellungnahme mag in ihrer Abstraktion – die als Abstraktion aber sehr konkret gemeint ist – einleuchten oder nicht, verdeckt zunächst, dass Barth sich einst als Zeitzeuge der bolschewistischen Oktoberrevolution von 1917, die den zweiten Aspekt des Gegensatzes erst hervorgebracht hat, mühsam seine Position gefunden hat. Deshalb werden wir erst einmal auf den Prozess, der zu seiner damaligen Entscheidung geführt hat, zurückblicken. Die Veröffentlichung in der Karl Barth Gesamtausgabe von Texten, die diesen Prozess dokumentieren, machen das neuerdings besser als je möglich.[ii]

1. Die Schweiz 1917-1921

Inspiriert von der berühmten Zimmerwalder Konferenz anti-Kriegsgesinnter Sozialisten (1915), an der auch Lenin und Trotzki teilnahmen, schlug der Petersburger Arbeiter- und Soldatenrat einen Generalstreik für alle Arbeiter der Kriegsindustrie vor (375). Der Berner Parteitag der SPS in Juni 1917 beschloss darauf sich nicht länger an der Verteidigung des bürgerlichen Vaterlandes zu beteiligen. Genosse Barth, der am Parteitag teilnahm (380), nannte diesen Beschluss ,ebenso großzügig wie bedeutungslos’ (522). Als sich dann die Spaltung zwischen der 2., sozialdemokratischen, und der 3., im März 1919 in Moskau gegründeten Internationale abzeichnete, hat Barth die Entwicklungen, zusammen mit den anderen Safenwiler Parteimitglieder, sehr genau verfolgt (437ff.). Eingehend analysierte er was in Russland geschah, sowohl die Februar- als auch die Oktoberrevolution. Deren Führer sah er in einer Tragik verwickelt, die ,am besten […] mit den Persönlichkeiten der Religionsgeschichte, in denen der Gedanke des Reiches Gottes zur gesellschaftlichen Gestaltung drängte, also Mohammed, Innozenz III, Zwingli, Calvin, Cromwell [zu vergleichen]’ war (494). Die Sowjetverfassung sei ‚eine Sache für sich, die ernstlich zu erwägen ist’. ‚Das Bürgertum hat seine Stellung missbraucht, Demokratie und Kirche haben sich nicht bewährt. Gewalt ruft Gewalt.’ Aber ‚die Frage ist, ob wir wollen, dass das komme?’. Und diese Frage wird von ihm klar verneint. Die gewalttätige und diktatorische Art des Umsturzes, die Minoritätsherrschaft und die Exklusivität der Arbeiterklasse sind nicht nachahmenswert. Stattdessen werden mehr Genossenschaftswesen und mehr sozialistische Bildung nottun (501f.). Fr.-W. Marquardt hat diese Kritik als eine von links gesehen. Dazu ist aber zu bemerken, dass die sogenannte ‚Linke Kinderkrankheit’, wie sie von Lenin an z.B. Herman Gorter kritisiert wurde, eher eine noch größere Exklusivität des Proletariats im Blick hatte, und also eine andere Linie vertrat. In August 1919 wird Barth dann sich ausdrücklich gegen einen Beitritt der Partei zur Komintern aussprechen (521-527). Zwar leuchtet die russische Lehre ein, erstens ‚weil sie radikal ist. Sie verkündigt das Wunder, das Unerhörte, das Unmögliche, das Ganze. Das gibt ihr einen Geruch von Wahrheit. Die größten Erinnerungen werden wach, wenn man die Kundgebungen von Lenin und seinen Freunden liest – 2 Kor. 5, 17!’ Zweitens scheint ‚bewundernswert am Bolschewismus sein Eifer, jenen Beweis des Geistes und der Kraft durch unmittelbare praktische revolutionäre Taten zu leisten’. Aber, so kann man sich heute fragen: waren es wirklich richtige ‚Taten‘ oder vielmehr geträumte Handlungen, die gar nicht dem wirklich erreichten entsprachen?[iii] Und drittens möchte man, so Barth, das an ihm bejahen, ‚was ihn zu einer Posaune des Weltgerichts macht’.[iv] Wenn aber die Sozialdemokratie in gleicher Weise mit dem Gegner umgehen will, ‚verrät sie den Geist, von dem sie lebt’. So warnt Barth die Arbeiterschaft. Und es ist nicht zu verwundern, dass am entscheidenden Parteitag im Dezember 1920 ‚die Anhänger der dritten Internationale, in die Minorität versetzt, unter dem Gesang „Völker, hört die Signale, auf zum letzten Gefecht…“ protestierend den Saal verließen’ – der Freund und spätere Vikar Fritz Lieb ‚als einer der Entschlossensten und Trotzigsten mitten unter ihnen’.[v] Barth selber aber blieb, wenn auch nicht wirklich zufrieden, im Saal zurück.[vi] Diese Entscheidung war, wie es mir vorkommt, eine, auf der er sein Leben lang nicht mehr zurückgekommen ist.

Sie kommt auch zum Ausdruck in der Erklärung von Römer 12,21-13,7 im Zweiten Römerbrief (geschrieben Anfang September 1921). Der Revolutionär, heißt es dort, ‚meint die Revolution, die die unmögliche Möglichkeit ist, die Vergebung der Sünden, die Auferstehung der Toten’. Gemacht hat er aber ‚die andere Revolution, die mögliche Möglichkeit der Unzufriedenheit, des Hasses usw.’[vii] Hinfort ist die Revolution für Barth nur noch ausschließlich Gott vorbehalten. Wie Ulrich Dannemann sagt: ‚die extra nos stattfindende Revolution Gottes geschieht zwar pro nobis, aber (anders als in R I) nicht mehr cum nobis und in nobis, sondern grundsätzlich contra nos’: ein dieser Revolution entsprechendes Handeln ist in eine Politik der geduldigen Reformarbeit innerhalb des Bestehenden umzusetzen.[viii] In diesem Kontext der reformatorischen Gnadenlehre wird diese Rede von der Revolution Gottes grundlegend für die Versöhnungslehre der fünfziger Jahren – das Thema unseres Symposiums.[ix] Die Rede vom dieser Revolution entsprechenden Handeln wurde Thema seiner dieser dogmatischen Lehre begleitenden ethisch-politischen und seelsorgerlichen Schriften.

2. Deutschland, die Schweiz 1921-1943 (und auch noch später)

Es gibt meines Wissens keine schriftliche Hinweise darauf, dass und wenn ja, wie Barth den weiteren Verlauf der Oktoberrevolution – den Bürgerkrieg, den NÖP, den Sieg der Stalinschen Fraktion, die Kollektivierungskampagne, die Showprozesse in der Zeit des Großen Terrors 1936-1938 – verfolgt und verarbeitet hat. Dezember 1931 hat er in einem Beitrag für das Zentralblatt der Zofingia den Kommunismus unter den ‚Fragen an das Christentum’ gerechnet: ‚Der genuine (russische) Kommunismus mit seiner Idee von der Herrschaft bzw. Alleinexistenz des „werktätigen Volkes“ als des unbedingten, jenes Opfer fordernden, jeden anderen Anspruch ausschließenden Maßes und Zieles aller Dinge ist – grundverschieden von der im Ganzen so maßvollen Sache, die wir als „Sozialdemokratie“ kannten und noch kennen – eine Religion, wie sie vielleicht seit den Tagen des alten Islam[x] dem Christentum gegenüber nicht wieder auf dem Plan gewesen ist.“ Trotz der radikalen Verfolgungen der Christen, scheint auch er, wie andere Religionen, doch auch noch imstande zu sein ein Christentum zu finden, , das mit ihm zu reden wusste’.[xi]

Mit dieser Sichtweise konnte Barth das Bündnis zwischen Nationalsozialismus und Kommunismus (den Ribbentrop-Molotow Pakt) schwerlich als nur taktisch verstehen. Es zeigte vielmehr das gegenseitige Verständnis, das die Weltreligionen für einander haben (müssen!), bei aller Ambivalenz sich gegenüber und trotz ihres Konflikts. Aber als sein Freund K.H. Miskotte im Juli 1942 Barth die Frage vorlegte, ob der Beitrritt der Sowjet-Union zu den Alliierten ‚unsere bisher rückhaltlosen Unterstützung der Letzteren doch nicht verunsicherte’, scheint Barths Antwort dahingehend gewesen zu sein, dass eine Niederlage Hitlers doch das zuallererst Notwendige, und auf ‚alles andere’ erst später zurückzukommen sei.[xii]

Als dann klar war, dass ‚es bis jetzt [Oktober 1942] Russland gewesen ist, das im Krieg gegen Deutschland die wirksamsten Leistungen vollbracht und auch die größten Opfer gebracht hat’,[xiii] ist die Frage, was jetzt von der Sowjetunion zu halten sei, offen: ‚was wissen wir über die Gestalt, in der Sowjetrussland aus diesem Krieg hervorgehen wird und über das, was wir dann von ihm zu lernen und nicht zu lernen haben werden?’[xiv] Und in Januar 1945 heißt es noch etwas positiver, wie es einen Deutschen zu seinem Schweizer sagen lässt: ‚Ich will euch nicht betrüben, liebe Schweizer, aber es könnte wohl sein, dass wir, sofern Menschen uns überhaupt helfen können, zum Beispiel von den Russen viel mehr als von euch zu empfangen und zu lernen haben werden’.[xv] Was da dann zu lernen sei, sagt Barth kurz nach dem Ende des Krieges, hat damit zu tun dass ‚Russland heute wesentlich bedeutet: Kommunismus, und Kommunismus bedeutet jedenfalls, wie man sich auch zu der Sache stelle, radikale Lösung der sozialen Frage, die wir in Europa auf die lange Bank geschoben haben.’[xvi] Und dann sagt er – und er wiederholt es in den nächsten Jahren in ähnlichen Worten immer wieder: ‚wer den Kommunismus nicht will – und wir wollen ihn alle nicht – der trete gerade nicht gegen ihn in die Schranken, sondern für einen ernsthaften Sozialismus!’[xvii] Und sehr dezidiert 1949: ‚Was in Sowjetrussland – sei es denn: mit sehr schmutzigen und blutigen Händen, in einer uns mit Recht empörenden Weise – angefasst worden ist, das ist immerhin eine konstruktive Idee, immerhin die Lösung einer Frage, die auch für uns eine ernsthafte und brennende Frage ist und die wir mit unseren saubereren Händen nun doch lange nicht energisch genug angefasst haben: die soziale Frage.[xviii] Hier kommt der Kommunismus nicht nur als eine Religion, sondern auch in seiner sozialen Bedeutung (wieder) in den Blick.

Am grundsätzlichsten hat Barth sich dazu 1951 geäußert, in einem Absatz zur Ethik der Arbeit (KD III/4).[xix] Nachdem er die mit dem Namen Karl Marx verbundene Gegenbewegung in der Realität der Klassengegensätze skizziert hat, stellt er die Frage, ob es nicht doch auch noch eine Klassenkampf gebe in den ‚seither auf den Plan getretenen konsequent sozialistischen Staaten des Ostens’ (1951 inzwischen ein Plural). Zwar formuliert er vorsichtig – ‚hier sind die Akten noch offen, hier wird die Geschichte erst sprechen müssen’; ‚Einiges scheint darauf hinzuweisen…’ –, aber in welche Richtung die Frage geht ist klar: Führt nicht das Ende des Privateigentums an den Produktionsmittel und des freien Unternehmertums, und die Übergabe der Leitung des Produktionsprozesses in die Hände des Staates nur zu einer Änderung der Form der Ausbeutung? ‚Das Unrecht, dass der Mensch den Menschen mit seiner Arbeit zum Mittel seiner eigenen Zwecke, zu einem bloßen Instrument macht, hatte bisher jene Grundlage gehabt und hat sie in der westlichen Welt bis heute. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass dieses Unrecht sich in anderer Form auch auf anderer Grundlage – nämlich auf der eines faktisch von einer regierenden und genießenden Gruppe gelenkten Staatssozialismus – fortsetzen kann.’ Diese Kritik hat zweifellos eine große Ähnlichkeit mit der ‚linken‘ Kritik der Sowjet-Union von der linken Seite her (mit Stichwörter, schon bei Lenin zu finden, wie  ‚Staatskapitalismus’ und ‚Arbeiteraristokratie’).[xx] Hinterher aber, nach dem Ende der Sowjet-Union, muss man vielleicht sagen, dass diese Frage zwar im Zeitlater der (mit einer von Stalin übernommenen Bezeichnung) ‚primitiven sozialistischen Akkumulation’, d.h. der tayloristischen Arbeitsorganisation, eine gewisse Bedeutung hatte, jedoch nicht mehr in den letzten Jahrzehnten des realen Sozialismus. In den siebziger und achtziger Jahren konnte man von gesellschaftliche Mehrarbeit kaum noch sprechen und waren die sozialistischen Staaten gezwingen entweder sich auf dem (kapitalistischen) Weltmarkt zu verschulden und damit von ihm abhängig zu werden oder von der eigenen Bevölkerung größere Opfer zu verlangen. Und dies diente kaum noch zur Bereicherung einer Elite, sondern bloß dem Überleben des Systems.

Wie dem auch sei, als Gesellschaftsanalytiker gehört Barth in diese Geschichte und wird dementsprechend zu historisieren sein.

3. Zu Deutschland, ab 1945

Als das Ende des Krieges näher kam, beschäftigte Barth sich immer mehr mit der Frage nach der erwünschten Nachkriegsordnung. Die vorrangige Frage war die nach der Versöhnung der verfeindeten Nachbarvölker mit den Deutschen. Etwas unwillig, denn nach seinem Empfinden vorzeitig, schrieb Barth schon Oktober 1942 an den amerikanischen Presbyterianer Samuel M. Cavert: ‚Indem der von den Kirchen zu vertretende christliche Begriff des rechten Staates (…) das gemeinsame Recht und die persönliche Verantwortlichkeit zum Maßstab der Ordnung macht, liegt die Demokratie mehr in seiner Linie als eine aristokratische oder monarchische Diktatur, der Sozialismus mehr als die ungebundene Wirtschaft und das auf sie begründete Gesellschafts- und Erwerbssystem, eine Föderation freier (auch vom Nationalitätenprinzip möglichst freier!) Staaten mehr als das Nebeneinander unabhängiger und unkontrolliert konkurrierender Nationalstaaten‘.[xxi] Diese drei Linien hat Barth in den folgenden Jahren weiterzuziehen versucht.

Sein erstes Anliegen war deshalb, dass das deutsche Volk endlich einmal gute Erfahrungen mit der Demokratie machen sollte. Von der christlichen Gemeinde erwartete er, dass sie dazu einen wichtigen Beitrag liefere. Denn sie könnte ein Gegengift bilden gegen die Krankheit, an welcher das politische Leben in Deutschland litte, ‚einen Überfluss von Metaphysik in diesen praktischen Bereich hineinzutragen‘.[xxii] Das würde aber eine ‚grundsätzliche Neubesinnung über die von der Schrift und vom Glauben her gebotene Gestalt der christlichen Gemeinden und ihrer gesamtkirchlichen Zusammenschlüsse‘ fordern – d.h. ein ‚Aufbau von unten!‘ (statt einer Restauration des Landeskirchlichen Regiments).[xxiii] Haben die Christen diese Demokratie erst einmal auf ihrem eigensten Boden kennen und exerzieren gelernt, dann könnten sie auch für ihre Übertragung in die Gesellschaft ausgerüstet sein.[xxiv]

Die zweite Linie betraf den sozialen Charakter dieser neu zu erlernenden Demokratie. Hier hat Barth die Zusammenarbeit mit Kommunisten nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern anfangs selber praktiziert. In einem Brief von April 1945 macht er einen gewissen Dr. Heisler aus Tübingen, der in einem Schweizer Sanatorium verblieb, auf die ‚Bewegung Freies Deutschland‘ aufmerksam: ‚Fürchten Sie sich nicht, wenn Sie dort auch ein paar Kommunisten begegnen! Sie werden im künftigen Deutschland auch mit Kommunisten leben müssen. Tun Sie es in Freiheit schon jetzt!‘[xxv] Später hat er sich über diese Bewegung, an der sich vor allem Charlotte von Kirschbaum beteiligte, negativer geäußert: er hatte mit bestimmten Kommunisten ‚keine[n] guten Erfahrungen gemacht‘.[xxvi] Aber es ist vielsagend, dass offenbar ‚die Deutschland-Frage der Schlüssel für seine Einstellung zum Kommunismus gewesen zu sein scheint.‘[xxvii] In den Kreisen der Bekennenden Kirche wurde er immer wieder gefragt: Sie haben uns doch damals rechtzeitig vor dem totalitären Nationalsozialismus gewarnt, weshalb warnen Sie uns jetzt dann nicht aufs Neue? Barth antwortete darauf immer wieder: für euch war damals der Nationalsozialismus eine Versuchung; der Kommunismus war es für euch damals nicht und er ist es nicht bis heute. Was gibt es da zu warnen? So schreibt er z.B. seiner ehemaligen Schülerin Vikarin Irmgard Rehmann, die ihm diesbezüglich gefragt hatte, mit Hinweis auf das sowjetische Einparteisystem, die Verflechtung von Partei und Staat, die GPU und die expansive Außenpolitik (Barth bezweifelte übrigens, ob das so war, und ich denke dieser Zweifel ist berechtigt): ‚Kommunismus ist [im Unterschied zum Nationalsozialismus] jedenfalls nicht Nihilismus; er ist auch nicht antisemitisch; und er ist nicht einmal systematisch und konsequent kirchenfeindlich‘.[xxviii] Dazu würde ich jetzt sagen: 1. Nein, der Kommunismus ist nicht nihilistisch, jedenfalls nicht vordergründig. Das kann man auch als ein Indiz sehen dafür, dass eine einfache Gleichstellung mit dem Nationalsozialismus (z.B. unter der Nenner eines Totalitarismus) nicht ohne weiteres möglich ist. Aber dem ist wohl etwas hinzuzufügen. Die Genossen, die Opfer des Großen Terrors waren, waren keine Zyniker – es war gerade ihr starker Glaube, der sie zu ihren wahnsinnigen Bekenntnissen gebracht hat. Und die ihn überlebten, haben gerade in ihrem Glauben an einer besseren Welt Dinge getan und gerechtfertigt, die nicht zu rechtfertigen waren. Ich spreche hier auch für mich selber. Ja, der Kommunismus ist im Vergleich mit dem Nationalsozialismus eine eigene Figur. Aber diese zeigt nicht weniger schreckliche Züge. 2. Spätestens mit den Ärtzteprozessen hat Stalin kurz vor seinem Tod – von denen Barth 1946 natürlich nichts wissen konnte – gezeigt durchaus antisemitisch agieren zu können. 3. Merkwürdig, wie Barth seine Beobachtungen der Verfolgung der Kirchen 1931 so schnell schon für nicht mehr aktuell hält. Auch hier würde die Zeit der Stalinisierung der mittel- und osteuropäischen Staaten ihn in wenigen Jahren eines Besseren belehren. Die Stärke der Barthschen Position in diesen Nachkriegsjahren besteht vor allem in seinem Aufruf: ‚Fürchtet euch nicht‘, sondern tretet den Kommunisten entgegen in der Freiheit eines Christenmenschen. So hat er es auch selber gemacht, als er im Juli 1946 in Berlin sowohl einem sowjetrussischen Kulturoffizier als auch einigen Spitzenfunktionären der SED begegnete und mit ihnen über die Zehn Gebote sprach.[xxix]

Die dritte Linie betraf nicht nur eine föderale Staatsstruktur Deutschlands, sondern auch seine Einbindung in einer Föderation freier Staaten. Hier hatte Barth eine klare Vision, die aber immer mehr mit den faktischen Entwicklungen in Widerspruch geriet. Zusammen mit Leuten wie Heinemann[xxx] und Niemöller befürwortete er eine vereinte deutsche Nation, die in der Mitte Europas mit dem Osten und mit dem Westen in Frieden zusammen leben konnte und für beide Welten keine Gefahr bedeutete. Trotz der Bildung der militärisch-politisch-wirtschaftlichen Blöcke hat Barth in den fünfziger Jahren an dieser Vision festgehalten, bis die neue Ostpolitik der SPD einen anderen Kurs ermöglichte.[xxxi] Sehr klar macht er seine Position in einem Brief an Pfr. Wolf-Dieter Zimmermann vom ‚Unterwegskreis‘ in Berlin (West) aus 1950. Barth erklärt dort weshalb er den Hromádka-Brief von 1938 (‚Jeder tschechische Soldat, der dann streite und leidet … wird es auch für die Kirche Jesu Christi tun‘) jetzt nicht wiederholen will. Er plädiert für ein unabhängiges Deutschland, das sich zwischen Ost und West bewegt und sich nicht in neue militärische Abenteuer – die faktisch einen Bürgerkrieg bedeuten würden – mitreißen lässt, nicht aus einem allgemeinen Pazifismus, auch nicht, weil er ‚das heutige Russland … für die Friedensmacht‘ halte, ‚als die es sich ausgibt‘, aber einfach weil er einen dritten, schrecklichen Weltkrieg jetzt nicht für unvermeidbar halte. ‚Ich meine, dass ein gesunder und berechtigter Selbsterhaltungstrieb auch das deutsche Volk selbst dazu anregen sollte, sich dieses Opfer zu verbitten.‘ Und: ‚es muss in Deutschland zu Vieles radikal neu gelernt und zu Vieles radikal vergessen werden, was heute noch keineswegs vergessen und noch keineswegs gelernt scheint, bevor man an die Existenz von deutschen Soldaten wieder ohne Grauen denken kann.‘[xxxii] In meiner Wahrnehmung hat Barth hier eine Sensibilität gezeigt, die sich im deutschen Volk erst Jahre später nach einer ‚Inkubationszeit des Entsetzens‘ offenbaren sollte, aber die sich dann doch letztendlich tatsächlich offenbart hat. Barths Widerstand gegen die Remilitarisierung der BRD (bzw. der DDR) folgte dann 1958 konsequenterweise sein Widerstand gegen eine Atomaufrüstung der Bundeswehr.[xxxiii]

4. Ungarn, 1948, 1951, 1956

Im März und April 1948 machte Barth auf Einladung der dortigen reformierten Kirche eine Reise nach Ungarn. Er berichtet: ‚Der entscheidende Eindruck, mit dem ich zurückgekehrt bin, ist ein guter, einleuchtender und ermutigender, ein auch etwas beschämender Eindruck‘. Ganz anders als bei seinem Besuch vor zwölf Jahren, sind die maßgebenden Leute ‚mir fast ausnahmslos durch ein ausgesprochen realistisches Denken aufgefallen.‘ Man erkennt die eigenen Fehler aus der Vergangenheit an und ist entschlossen die neue Lage ‚ohne Murren und Groll zu erleiden‘. Dabei übernimmt man keineswegs ohne weiteres die neue Ideologie, sondern bejaht bestimmte Maβnahmen des neuen Staates, nicht zuletzt auch die für die Kirche selber sehr folgenreiche Bodenreform.[xxxiv] In einem Dankbrief an die Kirchenleitung bestätigt er seine positiven Eindrücke und einige nachher getroffenen Entscheidungen auf diesem ‚sehr schmalen, sehr schwierigen und gefahrvollen, aber auch sehr verheiβungsvollen Weg‘.[xxxv]

Sein Grundsatzvortrag, unter dem Titel ‚Die christliche Gemeinde im Wechsel der Staatsordnungen‘, hielt Barth in Sarospatak und Budapest.[xxxvi] Dort greift er das Motiv der Revolution Gottes aus der Zeit der Römerbriefe wieder auf. In der Erinnerung an Tod und Auferstehung Jesu Christi und in der Erwartung seiner Wiederkunft blickt die Gemeinde auf den ‚groβen Wechsel‘. Im Lichte dieses groβen Wechsels gibt es dann auch die kleineren Wechsel der Staatsordnungen. Man kann sich zwar fragen, ob man sich in der heutigen Zeit mit ihren vielen technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen so ausschlieβlich auf die Ebene der Politik beschränken kann, im Kontext der bolschewistischen ‚Eroberung der Staatsmacht‘ aber hat das durchaus einen guten Sinn. Wenn diese Wechsel auch mit dem Bild einer Wellenbewegung rezipiert werden können, für die Gemeinde sind sie dennoch so etwas wie Anzeichen und Vorzeichen des groβen Wechsels, die in Buβe, Gebet und Gehorsam als von Gott kommend angenommen werden müssen. Die Gemeinde wird die Versuchung widerstehen, sie nur restaurativ zu bekämpfen oder sie, sich nur anpassend, zu bejahen, aber ihnen in Freiheit entgegentreten, ohne aus ihrer Freiheit wieder ein Prinzip zu machen. Vor allem findet sie in einem solchen Geschehen Anlass die Heilige Schrift neu zu lesen und auf Grund dieser neuen Lektüre ihr Zeugnis radikal auf die Gegenwart zu beziehen. Ich erinnere mich noch gut, dass für uns junge westliche Theologen der siebziger und achtziger Jahre diese Art, die Dinge zu sehen, zwar wichtig, aber zu wenig war. Braucht man, so die Frage von Befreiungstheologen wie J. M. Bonino, für die Vermittlung zwischen dem groβen und dem kleinen Wechsel nicht auch ein gesellschaftsanalytisches Instrumentarium? Und gibt uns Barth mit seinem Nachdruck auf die Humanität als in der Humanität Gottes einbegriffen wohl genug in Hände für die gebotene politische Handlungsfähigkeit?[xxxvii] Jetzt sehe ich ein: Barth hat zugleich ein autonomes Mitmachen der Christen am kleinen östlich-sozialistischen Wechsel ermöglichen und ein Ausliefern des Evangeliums und der Gemeinde an solche relativen Entscheidungen verhindern wollen. Ein Wechsel dieser Art birgt eine Chance als Anzeichen und Vorzeichen in sich, aber diese Chance kann auch wieder verpasst werden.

Bereits einige Jahre später meinte Barth dann doch seine ungarischen Freunde warnen zu müssen. Er schrieb dem Bischof Albert Bereczky (dessen Wahl er unterstützt hatte) einen Brief, der privat hätte bleiben müssen, aber zu Barths Bedauern an die Öffentlichkeit geriet.[xxxviii] Der Anlass war der Plan die nächste Vollversammlung des Weltkirchenrates ausgerechnet in den USA, einem der beiden Hauptkontrahenten des Kalten Krieges, zu halten. Barth und Bereczky waren sich einig in ihrer Missbilligung. Barth aber nahm seinen Brief zum Anlass seinen Unfrieden mit einigen offiziellen Veröffentlichungen Bereczkys zu äuβern. Bereczky, der aus der Welt des Pietismus stammte, ging es um eine aufrichtige Buβe vor Gott über die nationalistische und arbeiterfeindliche kirchliche Vergangenheit und ein aufrichtiges Engagement für die neuen Verhältnisse. Aber Barth – ich erinnere mich, dass Dr. J.A. Hebly (Utrecht) mich Anfang der achtziger Jahre auf diesen Brief hinwies, um klarzumachen, dass wir Christen für den Sozialismus uns unmöglich auf Barth berufen konnten – konnte in solchen Verlautbarungen schwerlich etwas anders lesen als eine Vermischung von Glauben und anderen ‚Ereignisse[n] und Mächte[n], Gestalten und Wahrheiten‘. Eine Vermischung, die er bei den religiösen Sozialisten und später bei den Deutschen Christen bekämpft hatte und die in den Barmer Thesen grundsätzlich verworfen wurden. Das Stichwort für die Position Bereczkys ist hier ‚Geschichtsphilosophie‘ und nicht ‚Dienst‘ (Bereczkys Theologie wurde als ‚Theologie des Dienstes‘ bekannt).[xxxix] Denn mit ‘Dienst’ ist dann gemeint, dass die Gemeinde, sich hütend vor ihrer Hochmut in der Vergangenheit, nur sich selber den Menschen in der sozialistischen Gesellschaft zur Verfügung stellt ohne sich weiter auf irgendwelche Privilegien zu berufen.  Zwar ist, was Bereczky meint, in der Tendenz, so scheint mir, kenotisch: der Herr ist Knecht geworden. Aber, dass es der Gottessohn ist, von der Gemeinde bezeugt und in die Knechtschaft eingegangen, wird dann verdunkelt oder vielleicht sogar – und dann in der Tat ‚geschichtsphilosophisch‘, wie in der Theologie der Säkularisierung – aufgegeben.[xl]

Im Herbst 1956 findet der ungarische Aufstand statt, tritt Ungarn aus dem Warschauer Pakt aus und stellen sowjetische Truppen die alte Ordnung wieder her. Reinhold Niebuhr schreibt darauf in The Christian Century: ‚Why is Barth silent on Ungary?’. Aber Barth lässt sich (so sieht er es selber) nicht provozieren.

5. Die Deutsche Demokratische Republik, 1953, 1958

Als kurz vor dem Tod Stalins die Regierung der DDR eine scharfe Attacke gegen die Kirche fährt, richtet Barth sich an Wilhelm Zaisser, Minister für Staatssicherheit, mit der dringenden Bitte die Verhaftung von Pfarrer Johannes Hamel und mindestens noch fünf anderen rückgängig zu machen.[xli] Er berief sich auf das Gespräch mit der SED-Führung in 1946, worin auch die Zehn Gebote zur Sprache gekommen waren. Dieser Brief wurde auch in der Öffentlichkeit bekannt, aber er ist sicherlich nicht die einzige konkrete Intervention zu Gunsten verfolgter Pfarrer und Anderer gewesen.

1958 bekam Barth einen Brief von einem jüngeren Pfarrer in der DDR, mit acht Fragen, in denen dieser konkrete Nöte und Anfechtungen exemplarisch darlegte. Der Name des Pfarrers war bis zum Ende des DDR-Regimes nicht bekannt. Es stellte sich dann heraus, dass es Friedemann Goβlau war, der 1951/52 in Basel studiert hatte. Nachdem Barth ihm geantwortet hatte, kam es im Juli 1961, kurz vor dem Mauerbau, auf Einladung Max Geigers zu einem Gespräch, das sehr freundlich, aber unbefriedigend verlief. Aber nach der Wende hat Goβlau ausgesagt, dass der Brief es ihm besser ermöglicht hat ‚gern und bewusst Pfarrer in der DDR zu sein, immer in der Spannung zwischen Widerstand und Arrangement‘.[xlii] Gerade, weil die Fragen so konkret waren, hatte Barth zurückgeschrieben für neue politische Betrachtungen keine Energie zu haben, wohl aber wegen seines Einsatzes für die Humanität sich zu einem seelsorgerlichen Wort genötigt zu sehen – wie er auch schon in Ungarn in 1948 die gespannten Fragen seiner Zuhörer zu sich hat sprechen lassen. Diese Bereitschaft auf konkrete Fragen einzugehen schloss aber nicht aus, dass er die Lage falsch einschätzen konnte und manchmal auch tatsächlich falsch eingeschätzt hat.[xliii]

Trotz der Absicht konkret zu antworten beginnt der Brief mit eher allgemeinen Betrachtungen.[xliv] Zwei Bibelworte machen den Anfang. Das wichtigste ist 1. Petr. 5, 8-9 (414): ‚Seid nüchtern und wachet, denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, welchen er verschlinge. Dem widerstehet, fest im Glauben, und wisset, dass die gleichen Leiden eure Bruderschaft in der ganzen Welt treffen.‘ Der letzte Satz gibt Barth die Möglichkeit die eigenen Erfahrungen seines Gesprächspartners im Osten anzuerkennen und zugleich die Verleumdungen, denen er sich selber immer wieder ausgesetzt sah, zu benennen. Seine Position ‚zwischen‘ Ost und West musste wohl zu einer Art von Gleichgewicht führen und lief die Gefahr das eher asymmetrische Verhältnis zu übersehen. Die andere Bibelstelle war Jeremia 29: der Rat des Propheten im Exil der Stadt Bestes zu suchen (420). Ich erinnere mich, dass ich bei meinem ersten Besuch der DDR um 1970 diesem Wort nur zustimmen konnte und von meinen damaligen Gesprächspartnern darin auch bestätigt wurde: jeder andere Rat hätte den Waffenstillstand (noch nicht: Frieden) in Europa ernsthaft bedroht. Dann folgt ein Rondo mit dem Refrain (418): ‚fürchte und liebe unseren Herrn und Heiland über alle Dinge‘, und mit den Strophen: fürchte und liebe Ihn (1) über die Fremdmacht aus Moskau, (2) über den Atheismus und Materialismus der vom Staat propagierten Lehre, (3) über den gesetzlichen Totalitarismus und (4) über alle Gedanken, Vorstellungen und Gewohnheiten der Christen. Die erste Strophe unterstreicht (mit den Kategorien des Vortrags aus 1948) den qualitativen Unterschied zwischen dem groβen und dem kleinen Wechsel, der es ermöglicht nach einem besseren Sozialismus zu suchen, wenn es geht, oder auf eine andere illusionslosere Lösung zu warten, wenn es muss – eine Haltung, die mir in meinem früheren Engagement zu souverän erschien. Die zweite Strophe sollte einem aussichtslosen Kampf zwischen den Weltanschauungen vorbeugen. In der dritten Strophe verwirft Barth, wie öfter, die Totalitarismus-Theorie, die Faschismus und Kommunismus auf einen Nenner bringt, mit dem Argument, dass nur die Gnade selbst aufs Ganze gehen kann – obwohl er mit dem Adjektiv ‚gesetzlich‘ die Absolutheit seiner Behauptung auch wieder relativiert.[xlv] In der vierten Strophe ermöglicht er den Christen eine Haltung, die das Ende der Volkskirche, sowohl als von auβen erzwungen wie als von innen zu vollziehen, nüchtern zur Kenntnis nimmt. In unseren Begegnungen mit Christen in der DDR war dies einer der wichtigsten Lernprozesse und ich frage mich ernsthaft, ob die gesamtdeutschen Kirchen nach der Wende das in dieser Hinsicht gelernte richtig wahrgenommen haben.

Zu Barths Antworten auf die acht Fragen äuβere ich mich, wie wichtig die Konkretisierungen auch sind, zurückhaltend. Barth selber scheint schon bald zugegeben zu haben, dass er in seiner Beantwortung zu kurz geschossen hat. Über die Richtigkeit dieser Behauptung besteht auch wohl Konsens.[xlvi] Ich mache nur eine Bemerkung zu der Antwort auf die sechste Frage, weil diese auch mehr oder weniger meine eigene Vergangenheit betrifft. Goβlau hatte gefragt, ob die Theologen, die dem kommunistischen Weltfriedensrat beigetreten waren (die sogenannten ‚Friedenspastoren‘) nicht letztendlich nur ‚denen‘ dienen, ‚die uns den Raum der Verkündigung nehmen wollen‘? Barth sagt: ich kenne diese Leute nicht, es kann sein, dass sie es nicht schlecht meinen, es können auch Kollaborationisten sein. Jedenfalls gilt auch heute mein Rat, den ich damals gegen die Versuchung der Deutschen Christen gab, sich nicht an ihnen zu orientieren, sondern das Gesicht ‚steif nach Jerusalem‘ zu wenden (433). Ich würde dazu jetzt sagen: die Öffnung der Akten der Geheimdienste wird wohl immer zeigen, dass solche ‚Friedenspastoren‘ Mitläufer und Idioten waren. Aber ist damit alles gesagt? Man konnte auch gemeint haben, auf Jerusalem gerichtet, d.h. durchaus vom prophetisch-apostolischen Zeugnis her, in der von Kommunisten geleiteten Friedensbewegung mitzuarbeiten und gerade mit dieser Orientierung sich nicht den Selbstverständlichkeiten der Fronten anzupassen. Es war überhaupt schon ein Zeichen von Nonkonformismus, sich eigene Gedanken über den Sozialismus zu machen und sich nicht einfach vom Politbüro vorschreiben zu lassen, wie dieser zu definieren sei. Könnte der Grund, dass Barths Brief bis 1989 nie in der DDR veröffentlicht wurde[xlvii], nicht gerade auch darin gelegen sein, dass er sich solche unabhängige Gedanken gemacht hat?

6. Die Tschechoslowakei, 1954, 1962, 1968

1948 hatte Barth in einer kurzen Begegnung in Prag seinen tschechischen Freunden eine ähnliche, schmale Linie zugemutet als seinen ungarischen.[xlviii] Aber auch hier kamen ihm in den folgenden Jahren Fragen. 1954 legt er dem Neutestamentler Josef B. Souček einige Fragen zum Weg Josef Hromádkas vor, welche seinen Fragen an Bereczky sehr ähnlich sind: vermischt er (Hromádka) nicht (zu grobe) historische Urteile mit seinem Glaubenszeugnis, läuft er so nicht Gefahr im Namen des ‚Geistes‘ des Kommunismus dessen Praxis zu verkennen und Barmen zu verraten?[xlix] Erst 1962 schreibt er es direkt Hromádka selber: ‚Lieber Joseph (sic!), es geht um das Element, das mich in deinen öffentlichen Äuβerungen seit Jahr und Tag beunruhigt hat. In deinem neuesten Aufsatz‘ – ‚Die Krise ist vorbei‘ (eine Stellungnahme zur Kuba-Krise) – ‚tritt es mir fast faustdick entgegen – negativ ausgedrückt: der Mangel eines überlegenen Ortes oberhalb des Gewölks der sich im jetzigen „Kalten Krieg“ gegenüberstehenden und befehdenden Ideologien, Interessen und Mächte – positiv ausgedrückt: die Willkürlichkeit, in der du nicht nur für deine Person für eine dieser Fronten Partei ergreifst, sondern der Kirche und der Welt zumutest, mit dir dasselbe zu tun‘.[l] Einige Monate später schreibt Hromádka u.a. zurück: „Das, was Du in Deinem Briefe geschrieben hast, habe ich unzähligemal auf verschiedenen Ebenen gehört. Ich maβe mich nicht an, in allem recht gehabt zu haben. Aber in meiner Grundeinstellung glaube ich dort zu stehen, wohin mich mein Glaube an die Inkarnation des lebendigen Wortes Gottes in Jesu von Nazareth gestellt hat.‘[li] Wo Barth von ‚der Mangel eines überlegenen Ortes oberhalb des Gewölks‘ spricht, spricht Hromádka von der Inkarnation. Das führt zu der Frage, wie man die Überlegenheit, die bei Barth seit den Römerbriefen eine topos bildet, verstehen soll. Eine Stelle ‚zwischen‘ Ost und West, ‚zwischen‘ den Fronten, ist immerhin eine Stelle, und zwar oft eine gefährliche. Ein Ort aber ‚oberhalb des Gewölks‘ scheint fast kein dem Menschen möglicher Ort zu sein. Zweifellos ist die Inkarnation des Sohnes Gottes einmalig und unsererseits nicht zu wiederholen. Aber bedeutet das auch, dass die Souveränität des Glaubens, der sich an dieser Inkarnation orientiert, keine geschichtliche, determinierte, positionierte Stelle sein kann? Ist Hromádka, der unrecht hat, hier nicht doch aufrichtiger als Barth, und insofern auch im recht? Diese Frage ist, auch nachdem die Position Hromádkas schon lange überholt ist und sich auβerdem als eine völlig unmögliche erwiesen hat, noch nicht vom Tisch.

Im November 1968 hat Hromádka Barth von Paris aus durch Vermittlung von Eberhard Busch (und seiner Beate) noch einen letzten Gruβ geschickt.[lii] Busch erzählt, Barth habe gefragt: ‚Ja, und was hat er denn zum Überfall der sowjetischen „Freunde“  auf das „Brüderland“ [sc. am 21. August 1968] gesagt?‘ ‚Genau darüber hat er geredet […]. Er hat den sowjetischen Überfall als einen machtpolitischen, antisozialistischen Waffengang gegen den unter Dubček angebrochenen wahren Sozialismus ausgegeben.‘ Barth seufzte ein paar Mal: ‚Ach! Ach! Ach!‘.[liii] Ich zögere dieses Seufzen zu deuten. Möglicherweise enthält es sowohl ein Urteil über Hromádka – ungefähr so: ‚der Mann ist immer nur Träumen nachgelaufen‘ –, als seine eigene Unfähigkeit zu sehen, wie die Fronten des Kalten Krieges noch zu durchbrechen seien. Für mich als fünfzehnjähriger Junge war Prag 1968 sowohl eine groβe Erwartung – verbunden mit dem Namen Dubček – als eine harte und rasche Lektion sich fortan über die Weltpolitik keine Illusionen zu machen. Dass es mit der Erwartung endgültig zu Ende war, wurde mir erst dann klar, als Gorbatschow, ein Genosse aus derselben Schule wie Dubček, offensichtlich viel zu spät kam und nur als der Totengräber des Bolschewismus auftreten konnte.

7. Die Schweiz, 1948 bis heute

Barths Bemühungen um die Deutschen, die Ungaren, die Tschechen und Slowaken während des Kalten Krieges ist von Anfang an im eigenen Land auf Widerspruch gestoβen. Nach seiner Ungarnreise war es Emil Brunner, der ihn angegriffen hat und der dabei wahrscheinlich aussprach, was viele seiner Landesgenossen dachten.[liv] Barth wollte eigentlich nicht reagieren, aber die anhaltende Unruhe zwang ihn dazu und so ‚habe ich [Barth] mich schlieβlich doch entschlieβen müssen und also den Auftrag des Berner Münstergemeinderats angenommen und am 6. [Februar 1949] (…) aus allen Geschützen Feuer gegeben‘ – in seinem Vortrag ‚Die Kirche zwischen Ost und West‘ (das Thema war ihm vorgegeben).[lv] Er zeigt sich kritisch nach beiden Seiten und fragt z.B. – aus heutiger Sicht völlig zurecht –: ‚wie kommt es eigentlich, dass es auch bei uns aus vielen Gründen so merkwürdig still geblieben ist, als kurz vor Weihnacht die von uns im übrigen so sympathischen Holländer ihre Indonesier mit einem Blitzkrieg überzogen haben, durch den man sich nun doch in verschiedener Hinsicht auffallend an einen Vorgang in Mai 1940 erinnert fühlen müsste?‘[lvi] Am Schluss zitiert er den Ausblick aus Jes. 19, 24-25, wo letztendlich Ägypten und Assur mit Israel gesegnet werden, wo also der Kampf der Nationen nur durch den Segen des Herrn Israels seine Lösung findet. Von dieser Aussicht her sucht er offenbar seinen Weg in der Tagespolitik.

Dann war es der Regierungsrat Markus Feldmann, der vor dem Berner Groβen Rat Barth wegen seiner Kommunistenfreundlichkeit heftig angegriffen hat. Es kam zu einem Briefwechsel, der ohne Barths Zustimmung veröffentlicht wurde und zu einem monatelangen Sturm der Entrüstung führte.[lvii] Die neuesten Vorwürfe von Erwin Bischof bewegen sich ganz auf derselben Linie.[lviii]

Es ist aber dadurch nur noch mal bestätigt worden: Barth war kein Kommunist. Er hat diesbezüglich in den Jahren 1919-1920 seine Entscheidung getroffen und diese im Zweiten Römerbrief auch für eine breitere Öffentlichkeit schriftlich dargelegt. Und trotz seines Plädoyers für eine Zusammenarbeit mit Kommunisten am Ende des Zweiten Weltkrieges heiβt es auch dann: ‚Sind wir nicht alle überzeugt davon, dass wir die Lebensordnung der Menschen unter der Sowjetmacht und in den ihr angegliederten ‚Volksdemokratien‘ für keine würdige, keine annehmbare,  keine von uns gut zu heiβende, weil für keine unseren wohlbegründeten Begriffen von Recht und Freiheit entsprechende Lebensform halten können?‘ (1948 an Brunner).[lix]  Und, merkwürdig zurückhaltend, in einem Privatbrief an Josef Hromádka: ‚Nein, als Prokommunist habe ich mich allerding nie bekannt und betätigt: aus Gründen, die wir einmal bei einer Tasse Café oder bei einem Glas Wein besprechen können…‘.[lx]  Der Vorwurf kann deshalb höchstens sein, Barth habe mit seinem dritten Weg, seiner Position ‚zwischen‘ den Fronten, faktisch doch eine dieser Fronten, nämlich die östlichen, bevorzugt – und diesen Vorwurf hätte er selber zurückgewiesen.

Ich verzichte auf eine Auswertung der Barthschen Position. In diesem Text habe ich schon an mehreren Stellen durchblicken lassen, wie ich mich selber als Täter im Kalten Krieg verstehe, wenn auch nach der Zeit, in der Barth beteiligt war. Meine Position war nicht die seinige und ich fühle mich auch nicht im Stande von einem ‚überlegenen Ort oberhalb des Gewölks‘ her die verschiedenen Positionen zu überschauen. Lieber schlieβe ich mit einem Fragment aus der Kirchlichen Dogmatik, worin Barth offenbar seine eigene, einsame Position ‚zwischen‘ den Fronten in ihrer Auswirkung auf seine persönliche Existenz reflektiert. Es handelt sich um eine Seite aus der Heiligungslehre, § 66.5, ‚Die Würde des Kreuzes‘.[lxi]

8. Golgotha

‘Was denn  unter dem dem Christen zum Tragen gegebenen Kreuz konkret zu verstehen sein möchte?‘

‚Das Kreuz, auf das das Neue Testament zeigt, ist nachher und bis heute in dieser eindeutigen Form rar, in der Regel zur Ausnahme geworden. Wir können nur in großer Zurückhaltung, im Blick auf gewisse Analogien jenes Phänomens weiter reden. Daran hat sich allerdings nicht geändert, dass ein Christ inmitten seiner – auch seiner angeblich, vielleicht übrigens auch sehr bewusst und eifrig christlichen – Umgebung immer ein seltsamer und bedrohter Vogel sein wird. Der Weg der Christen kann man nun einmal, wie solidarisch sie sich mit ihr wissen und verhalten mögen, nicht der der Welt – und wohl am allerwenigsten der einer vermeintlich christianisierten Welt – sein. Sie werden von der sie bewegenden Stelle her im Großen und im Kleinen ihren eigenen Weg gehen müssen und darum in dem, was sie denken, sagen und vertreten – hier bemerklich, dort weniger bemerklich, aber im Grunde immer – Fremdlinge sein, an denen man unter den verschiedensten Gesichtspunkten Anstoß zu nehmen viel und vielleicht schwersten Anlass haben wird. Sie werden den Einen als allzu asketisch erscheinen und den Anderen als allzu unbesorgte Lebensbejaher – hier als Individualisten und dort als Kollektivisten, hier als Autoritätsgläubige und dort als Freigeister, hier als Optimisten und dort als Pessimisten, hier als Bourgeois und dort als Anarchisten. Sie werden selten bei der in ihrer Umgebung herrschenden Mehrheit zu finden sein. Sie werden jedenfalls nicht mit dem Strom schwimmen. Sie werden bei allem Offiziellen und Offiziösen im besten Fall beiläufig und in Verkleidung dabei sein können. Die großen Selbstverständlichkeiten werden für sie eben nie – und dann und gerade dann nicht, wenn sie in christlicher Aufmachung auftreten – absolute Geltung haben. Gewiss dann auch nie deren absolute Negation, so dass sie auch auf den Beifall der jeweiligen Revolutionäre schwerlich werden rechnen dürfen. Und sie werden ihre Freiheit – wir haben, als von der Nachfolge Jesu die Rede war, darauf hingewiesen – nicht nur in freien Gedanken im Verborgenen pflegen, sondern in freier Tat und Verhaltungsweise an den Tag legen, in der sie es den Leuten nie recht machen werden. Und das werden sich die Leute nicht gefallen lassen. Es braucht dann vielleicht nicht einmal das explizite christliche Bekenntnis, obwohl dieses den Anstoß, den sie geben, gelegentlich noch verstärken kann. Aber darüber könnte sich die Welt, wenigstens heute, im Zeitalter der doktrinellen Toleranz, allenfalls auch hinwegsetzen. Gerade für die freie Entscheidung und Tat des Christen wird sie dafür umso weniger Toleranz aufbringen. Auf sie werden die Leute vielmehr sauer und bitter reagieren mit Misstrauen und Ablehnung, mit stiller Verdächtigung und Verachtung und auch wohl mit offenem Zorn. Sie werden die Störenfriede leise oder laut in Anklagezustand und ins Unrecht zu versetzen wissen. Sie werden dann auch wohl Maßnahmen gegen sie ergreifen, sie möglichst einzuschüchtern, mundtot oder sonstwie unschädlich zu machen versuchen. Sie können dabei unter Umständen noch weiter gehen und Dinge unternehmen, die den Christen an die Situation von Matth. 10, 16-39, auch wenn es soweit nicht kommt, mindestens in einiger Distanz heranführen mögen. Es braucht ja nicht so weit zu kommen, um ihn mit dem Kreuz der Verwerfung auszuzeichnen, Wie sollte ihn das nicht betrüben und kränken, verwirren und anfechten, in seiner Umgebung immer wieder so einsam, umstritten und bestritten zu sein? Er würde den Leuten auch lieber gefallen als missfallen. Ein bisschen Ehre wäre ihm als Antwort auf eine Haltung, die für ihn so klar, einfach und notwendig ist, auch lieber als Schande. Und nun muss es leichtere oder schwerere Schande sein; nun kann er es nicht unterlassen, einen Weg zu gehen, an dessen Ende er die Vielen, die Meisten gegen sich hat, sich gewissermaßen ins Leere gestoßen findet. Das bedeutet, auch wenn er es nicht gleich mit Nero oder Diokletian zu tun bekommt, ein hartes Aufgehaltensein durch eine ihm sehr greifbar und wirksam gesetzte Grenze seiner Lebensbewegung….’


[i] K. Barth, Die Kirche zwischen Ost und West. Vortrag, gehalten in der Stadtkirche in Thun und im Münster in Bern am 6. Februar, Zürich 1949, 1-17.

[ii] K. Barth, Vorträge und kleinere Arbeiten 1914-1921, hg. von Hans-Anton Drewes in Verbindung mit Friedrich-Wilhelm Marquardt (†), Zürich 2012.

[iii] Ich denke hier insbesondere an den zeitgenossischen, aber erst seit die Perestroika erschienen Romane des, sicher anfänglich mit den Bolschewisten solidarischen Schriftsteller Andrej Platonow.

[iv] Das auch in Russland selber den Bolschewismus, trotz oder gerade in seiner Bekämpfung des Kreuzes, dennoch im Lichte einer höheren Instanz gesehen werden konnte, ist zu lesen im divinatorischen Schau des Alexander Bloks, ‘Die Zwölf’ (1918): ‘und voran Jesu Christ’.

[v] K. Barth, An Prof. Dr. Fritz Lieb (1962) (in Ders.: Offene Briefe 1945-1968, hg. von Diether Koch, Zürich 1984, (501-506) 504.

[vi] Karl Barth – Eduard Thurneysen, Briefwechsel Band 1, hg. von E. Thurneysen, Zürich 1973, 454: ‘Die Linke ist noch unglaubwürdiger als das “Zentrum” mit dem ich notgedrungen stimme’. Aber dann doch auch: ‘Langweilig ists keinen Augenblick. Wäre doch einmal in der Kirche diese geladene Atmosphäre!’

[vii] K. Barth, Der Römerbrief (Zweite Fassung) 1922, hg. Von Cornelis van der Kooi und Katja Tolstaja, Zürich 2010, 644.

[viii] U. Dannemann, Theologie und Politik im Denken Karl Barths, München 1977, 109f.

[ix] Vgl. Dannemann [s. Anm. 8], 150ff.: ‘Das Versöhnungswerk Jesu Christi als die Revolution Gottes’ für die diesbezügliche Stellen.

[x] Den Topos eines Vergleichs mit dem Islam als religiöser und zugleich politisch-militarischer Herausforderung an die europäische Christenheit findet man bei dem Barth in den dreiziger Jahren häufig. Ich vermute, dass er herstammt von seiner Vertrautheit mit den reformatorischen Texten des 16, Jahrhunderts (wie mit der Confessio Augustana). Inzwischen werden solche Sätze Barths von dem niederländischen islamfeindlichen Politiker Geert Wilders eifrig zitiert.

[xi] K. Barth, Vorträge und kleinere Arbeiten 1930-1933, hg. von Michael Beintker, Michael Hüttenhoff und Peter Zocher, Zürich 2013, (141-155) 151. In 1957, mitten im Kalten Krieg also, hat Barth diesen Text – was bei dessen strenger Auswahl keineswegs selbstverständlich war – im dritten Vortragsband Theologische Fragen und Antworten aufgenommen. Siehe weiter zur Barthschen Analyse von Faschismus und Kommunismus als Religion G. von Norden, Die Weltverantwortung der Christen neu begreifen. Karl Barth als homo politicus, 1997, 27-29.

[xii] Nach dem Zeugnis von Hebe Kohlbrugge, Twee maal twee is vijf. Getuige in Oost en West 2002, 41. H. Kohlbrugge selbst, die diese Antwort überbrachte, erinnert sich davon nur teilweise befriedigt gewesen zu sein.

[xiii] K. Barth, Brief an einen amerikanischen Kirchenman (in Ders., Offene Briefe 1935-1942, Hg. von Diether Koch, Zürich 2001, 358-398) 392. Dieser Brief ist von der schweizerischen Zensurbehörden gewissenhaft verfolgt worden; siehe E. Busch (hs.), Die Akte Karl Barth. Zensur und Überwachung im Namen der Schweizer Neutralität 1938-1945, Zürich 2008, 643-657.

[xiv] K. Barth, An einen amerikanischen Kirchenmann (s. Anm. 13), 389.

[xv] K. Barth, ‘Die Deutschen und wir’ (1945) (in Ders.: Eine Schweizer Stimme 1938-1945, Zürich 1945, (334-370), 367.

[xvi] K. Barth, Die christliche Verkündigung im heutigen Europa, in: Zwei Vorträge (Th.Ex.h. NF 5), 1946, 14.

[xvii] K. Barth, An Pf. Wolf-Dieter Zimmermann (1950) (in Ders., Offene Briefe 1945-1968 (s. Anm. 5), (202-213) 210.

[xviii] K. Barth, Kirche zwischen Ost und West (s. Anm. 1), 22.

[xix] KD III/4, 624.

[xx] Vgl. die im Jahr der ‘Wende’ vollendete Dissertation von Marcel van der Linden, Het westers marxisme en de Sovjetunie. Hoofdlijnen van structurele maatschappijkritiek (1917-1985), Amsterdam 1989.

[xxi] K. Barth, An einen amerikanischen Kirchenmann (s. Anm.  13), 387-388.

[xxii] K. Barth, An Vikarin Irmgard Rehmann (14. Juli 1946) (in Ders., Offene Briefe 1945-1968 (s. Anm. 5), 94-107), 106.

[xxiii] Vgl. Martin Greschat, ‘Karl Barth und die kirchliche Reorganisation in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg’ (in M. Beintker, Chr. Link, M. Trowitsch (Hrg.), Karl Barth in europäischen Zeitgeschehen (1935-1950). Widerstand – Bewahrung – Orientierung, Zürich 2010, 243-265), mit dem Fazit: ‘Barth überschätzte (…) die geistigen und geistlichen Auswirkungen des umfassenden Deutschen Zusammenbruchs’.

[xxiv] K. Barth, Brief an einen Politiker – gemeint war der Rechtsanwalt Dr. Gustav W. Heinemann (16. Februar 1946) (in Ders., Offene Briefe 1945-1968 (s. Anm. 5), (58-64), 62-63. Auch der berühmte Vortrag ‚Christengemeinde und Bürgergemeinde‘ aus dem Sommer 1946 beabsichtigte, Christen zum Mitmachen in demokratischen gesellschaftlichen Verbänden zu ermuntern.

[xxv] K. Barth, Zwei Briefwechsel (so in Eine Schweizer Stimme, (s. Anm. 15), 412; An Dr. Hermann Heisler (13. April 1945) (in Ders., Offene Briefe 1945-1968 (s. Anm. 5), (24-41) 41.

[xxvi] K. Barth an Josef L. Hromádka, 10. Juli 1963 (in: Karl Barth – Josef L. Hromádka – Josef B. Souček, Briefwechsel 1935-1968. Freundschaft im Widerspruch, Zürich 1995, 234).

[xxvii] F.-W. Marquardt, Theologie und Sozialismus. Das Beispiel Karl Barths, München 1972, 55.

[xxviii] K. Barth, An Vikarin Irmgard Rehmann (s. Anm. 22), 105.

[xxix] E. Busch, Karl Barth’s Lebenslauf, 1975, 353; K. Barth, Brief an Erik Wolf (27. November 1968) (in Ders., Briefe 1961-1968, hg. von J. Fangmeier und H. , Zürich 1975, 533); K. Barth, Gespräche 1963, hg. von E. Busch,  Zürich 2005, 86-87: , Pieck: “was wir in Deutschland nötig haben, das sind die Zehn Gebote”. Da habe ich gesagt: “Ja, Herr Präsident, insbesondere auch das erste!”‘

[xxx] Siehe D. Koch, Heinemann und die Deutschlandfrage, München 1972.

[xxxi] K. Barth, An Adolf Grau (‘Kein anderes Evangelium’; 16. März 1966) (in Ders.: Offene Briefe 1945-1968 (s. Anm. 5), 520): ‚Für einen Friedensschluss Westdeutschlands mit den osteuropäischen Staaten unter Anerkennung der seit 1945 faktisch bestehenden Grenzen. Am Ende desselben Jahres 1966 konnte Willy Brandt als Außenminister und Vizekanzler der Großen Koalition mit der Ostpolitik einen Anfang machen.

[xxxii] K. Barth, An Pf. Wolf-Dieter Zimmermann (s. Anm. 17), Zitate aus den Seiten 205-214. Siehe auch D. Koch, Offene Briefe Karl Barths zum Ost-West-Konflikt (in: A. Baudis u.a. [Hs.], Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens. Helmut Gollwitzer zum 70. Geburtstag, München 1979, 474-490), 476-480.

[xxxiii] K. Barth, An die kirchlichen Bruderschaften / Dr. Helmut Simon, Düsseldorf (25. September 1958) (in Ders., Offene Briefe 1945-1968 (s. Anm. 5), 440-444).

[xxxiv] K. Barth, Reformierte Kirche hinter dem “eisernen Vorhang”, in: Christliche Gemeinde im Wechsel der Staatsordnungen. Dokumente einer Ungarnreise, Zürich 1948, 55-58).

[xxxv] K. Barth, An meine Freunde in der Reformierten Kirche von Ungarn (in Ders., Christliche Gemeinde im Wechsel der Staatsordnungen (s. Anm. 29), 71-76 und (in Ders., Offene Briefe 1945-1968 (s. Anm. 5), 139-147).

[xxxvi] K. Barth, Christliche Gemeinde im Wechsel der Staatsordnungen (s. Anm. 34), 30-46.

[xxxvii] Vgl. D. Boer, Derde weg of meehopende en meeschuldige kameraden? Karl Barth en het reële socialisme (in: J. Beumer & G.H. Ter Schegget, Karl Barth. Een theologisch portret, Baarn 1986, 73-84).

[xxxviii] K. Barth, An Bischof Albert Bereczky, Budapest (16. September 1951( (in Ders., Offene Briefe 1945-1968 (s. Anm. 5), 274-289. spez. 279-284; auch: D. Koch, Offene Briefe Karl Barths zum Ost-West-Konflikt (s. Anm. 32), 481-485.

[xxxix] Vgl. Greschat, in: Karl Barth im europäischen Zeitgeschehen (s. Anm. 23), 260; auch im selben Band Sándor Fazakas, Karl Barth im Ost-West-Konflikt, (267-286), 273-275.

[xl] Der Begriff ‚Dienst‘ konnte übrigens für Barth durchaus positiv konnotiert sein.  Vgl. Zehn Artikel über Freiheit und Dienst der Kirche in der DDR (in: M. Greschat und H-W Krumweide, Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen; Band V. Das Zeitalter der Weltkriege und Revolutionen, Neukirchen-Vluyn 1999, 241-246) und dazu: K. Barth, Theologisches Gutachten zu den Zehn Artikeln über Freiheit und Dienst der Kirche (EvTh 23, 1963, 10, 505-510).

[xli] An Minister Wilhem Zaisser, Berlin(-Ost) (2. März 1953) (in ders., Offene Briefe 1945-1968 (s. Anm. 5), 334-337). Vgl. M. Greschat, Protestantismus im Kalten Krieg. Kirche, Politik und Gesellschaft im geteilten Deutschland 1945-1963, Paderborn 2010; und Peter Zocher, Handschlag mit dem Stalinismus? Karl Barth im Kalten Krieg, ZDTh 29 (2013) 1, 58-81), 59. Für J. Hamel als Barth-Schüler vgl. Matthias Gockel, Martin Leiner Kirche und Versöhnung – Karl Barth und die DDR (in: M. Leiner / M. Trowitsch (Hg,), Karl Barths Theologie als europäisches Ereignis, Göttingen 2008, 79-119) 102-104.

[xlii] K. Barth, Offene Briefe 1935-1942 (s. Anm. 13), Nachträge 429-431.

[xliii] Vgl. Wolf Krötke, Karl Barth und der “Kommunismus”. Erfahrungen mit einer Theologie der Freiheit in der DDR, Zürich 2013, 39.

[xliv] An einen Pfarrer in der Deutschen Demokratischen Republik (1958) (in Ders., Offene Briefe 1945-1968 (s. Anm. 5), 401-439).

[xlv] Vgl. die Kritik Krötkes, Karl Barth und der “Kommunismus” (s. Anm. 43), 42.

[xlvi] Peter Zocher, Handschlag mit dem Stalinismus? (s. Anm. 42) 80, Bezug nehmend auf einem Artikel in Der Spiegel von 32.12.1959 und G. von Norden (s. Anm. 11), 84.

[xlvii] Auch nicht in dem von W. Feurich in der DDR herausgegebenen Sammelband mit Texten von Barth: Klärung und Wirkung, 1966.

[xlviii] K. Barth, Christliche Gemeinde im Wechsel (s. Anm. 34), 57f.

[xlix] K. Barth an J.B. Souček (4. August 1954), in: Freundschaft im Widerspruch (s. Anm. 26), 147-151.

[l] K. Barth an Josef L, Hromádka (18. Dezember 1962), in: Freundschaft im Widerspruch (s. Anm. 26) 212 -217; auch in: K. Barth, Briefe 1961-1968 (s. Anm. 29), 113-117.

[li] J.L. Hromádka an Karl Barth (13. Mai 1963), in: Freundschaft im Widerspruch (s. Anm. 26), 228-231; auch in: K. Barth, Briefe 1961-1968 (s. Anm. 29), 552-555. Vgl. Rinse Reeling Brouwer (in: Rinse Reeling Brouwer / Wilken Veen, Waarheid en Leven. De actualiteit van Josef L. Hromádka 1889-1989, Hardinxveld 1989, 43-113), 45-51.

[lii] J.L. Hromádka an Karl Barth (18. November 1968), in: Freundschaft im Widerspruch (s. Anm. 26), 240f.

[liii] E. Busch, Meine Zeit mit Karl Barth. Tagebuch 1965-1968, Göttingen 2011, 678 (19. November 1968).

[liv] K. Barth, Ein Briefwechsel (in Ders., Christliche Gemeinde im Wechsel der Staatsordnungen (s. Anm. 26), 59-66 bzw. 66-70; auch in: Offene Briefe 1945-1968 (s. Anm. 5), 148-166.

[lv] E. Busch, Karl Barth’s Lebenslauf (s. Anm. 29), 369f.

[lvi] K. Barth, Die Kirche zwischen Ost und West (s. Anm. 1), 20.

[lvii] K. Barth, Offene Briefe 1945-1968 (s. Anm. 5), 214-273. Vgl. z.B. Frank Jehle, Lieber unangenehm laut als angenehm leise. Der Theologe Karl Barth und die Politik 1906-1968, Zürich 1999, 113ff..

[lviii] E. Bischof, Honeckers Handschlag. Beziehungen Schweiz – DDR 1960-1990, 2010; dazu s. Peter Zocher, Handschlag mit dem Stalinismus? (s. Anm. 42) und W. Krötke, Karl Barth und der “Kommunismus” (s. Anm. 43), 9-57: Langfassung eines Artikels in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 11. April 2012.

[lix] K. Barth, Offene Briefe 1945-1968 (s. Anm. 5), 163; siehe auch K. Barth an die Kirchenvorsteherschaft der Evangelisch-Reformierten Gemeinde in Wattwil (23. Dezember 1948) (in Ders., Offene Briefe 1945-1968 (s. Anm. 5), 176-178).

[lx] K. Barth an J.L. Hromádka (10. Juli 1963), in: Freundschaft im Widerspruch (s. Anm. 26), 234; auch in: Briefe 1961-1968 (s. Anm. 29), 151.

[lxi] K. Barth, KD IV/2, 1955, 689-691; vgl. M. den Dulk, … Als twee die spreken. Een manier om de heiligingsleer van Karl Barth te lezen, ’s Gravenhage 1987, 110.

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R.H. Reeling Brouwer

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