Glauben Sie denn im Ernst, die Juden müssten uns lehren, die Bibel zu verstehen?

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„Glauben Sie denn im Ernst, die Juden müssten uns lehren, die Bibel zu verstehen?“– Eine systematische Analyse von Miskottes Versuch einer Antwort an Barth

Rinse Reeling Brouwer

  1. Eine erste Erkundung (Im Barth – Miskotte Briefwechsel): Miskottes (misslungene) Versuche, Barth zur Lektüre Rosenzweigs einzuladen

Der niederländische Pfarrer Heiko Miskotte sahein Exemplar des Sterns der Erlösung in einer Vitrine am Stand ,Literatur und die Presse‘ der jüdischen Gemeinde auf der Pressa zu Köln (1928).1 In Miskottes Dissertation Das Wesen der jüdischen Religion (1933) ist Rosenzweig einer der behandelten neueren ,jüdischen Religionsphilosophen‘2 (– aber wie sollman den Autor des Sterns kennzeichnen? Der Gegenstand seines Denkens ist weniger die Religion als die Offenbarung, und das Judentum ist für ihn als Philosoph weniger eine Identität des Subjekts als eine zu denkende Wirklichkeit). Der Einfluss Rosenzweigs ist überall in Miskottes Werken zu spüren, jedoch eine übersichtliche Darstellung dieser Zusammenhänge fehlt bisher.3

Der Briefwechsel zwischen Miskotte und Barth über einen Zeitraum

Von mehr als vier Jahrzehnten4 enthält eine faszinierende und manchmal sehr intime Lektüre: Anfänglich ist Miskotte vom inneren Widerstand gegen Barths Theologie erfüllt, später dagegen hat der ,verehrte Meister‘ ihn, nach eigenem Erleben, in 1923/24 für das Pfarramt und die Theologie gerettet. Es entsteht eine Mischung von Schülerschaft, Freundschaft und seitens Miskotte sicherlich auch: Liebe, d.h. Bewunderung, Spannung, Enttäuschung, Scham und erfahrene Distanz. Das alles werden wir jetzt nicht näher analysieren. Es handelt sich heute nur um diesen einen Punkt: Wie Miskotte immer wieder versucht hat, Barth dazu zu bringen Rosenzweig zu lesen, und wie ihm das niemals gelungen ist. Wir können einfach der Chronologie der Briefe folgen, werden aber ein bisschen früher anfangen.

[1] Tagebuchaufzeichnung 12. Dezember 1933:5

„Was ist es doch schade, daß Barth (offenbar!) Rosenzweigs Stern der Erlösung nicht kennt und‘ (bemerke dieses ,und‘!) ,im allgemeinen sich gar nicht kümmert um das jüdische Recht auf Exegese des Alten Testamentes. Folgt das nun wirklich aus der Einheit der Testamente und dem christozentrischen Gesichtspunkt? Warum könnte man den letztendlich doch hinweisenden Strukturen der Kirche des Alten Bundes keine selbständige (obwohl relative) Bedeutung gewähren?“

Bemerke: Das (indirekte) Christuszeugnis im A.T. wird von Miskotte nicht geleugnet. Es ist für ihn sehr wichtig zu unterstreichen, dass es gerade der sog. Anthropomorphismus des alttestamentlichen Redens von Gott ist, der uns die Menschlichkeit Gottes richtig verstehen lehrt, aber wie man diese verstehen soll, hat Miskotte selbst gerade bei jüdischen Lesern des A.T., wie Franz Rosenzweig, erst wirklich erfahren.6

[2] In einem Gespräch mit Barths letztem Assistenten Eberhard Busch 14.-16. September 1971 (während eines Besuchs im Pfarrhaus Uerkheim) erinnert Miskotte sich: 1935, als Barth, damals Professor ohne Redefreiheit in Bonn, in Utrecht Vorlesungen zum ,Credo‘ gehalten hat (von Miskotte ins Niederländische übersetzt und mit einem ausführlichen Kommentar als Buch herausgebracht), „habe er Barth einmal auf einer Fahrt von Utrecht bis Arnhem begleitet. Da habe Barth zum Entsetzen Miskottes zu ihm gesagt: „Glauben sie denn im Ernst, daß die Juden uns lehren müssen, die Bibel zu verstehen?“ Aber er habe ihm erklärt: „Genau das glaube ich im Ernst.“ Später sagte Barth ihm, er beginne jetzt zu verstehen, was Miskotte ihm damals gesagt hatte.“7 Wenn wir dann in die Kirchliche Dogmatik schauen, sehen wir jedenfalls, dass Barth in KD I/2 (1938) § 14.2 ,Die Zeit der Erwartung‘, ausdrücklich auf die Bücher israelitischer Zeitgenossen Buber, Schoeps und Cohn verweist, ohne dass völlig klar wird, was er von ihnen wirklich übernimmt,8 und dass er in KD III/1 bei der Paraphrase und dem Durchdenkender ersten zwei Kapitel des Buches Genesis dauernd auch den Kommentar des (von Rosenzweig hoch geschätzten) Rabbiners Benno Jakob (Das erste Buch der Thora, 1934) zu Rate zieht.9

[3] Dann das erste Brieffragment. Am 16. Mai 1936 schreibt Miskotte:10

„Lesen Sie Franz Rosenzweig’s Stern der Erlösung, Sie müssen es bestimmt tun, nicht um eine Art Gemeinschaft im Geiste zu haben mit einem Männlein in Holland, das ganz entzückt ist von diesem Buche, aber damit Sie sich tiefer auseinandersetzen mit der jüdischen Theologie“.

[4] Und am 30. April 1937 kommt er darauf zurück:11

„Entschuldigen Sie noch eine kleine Frage: Sie haben meinen Vorschlag, Sie sollten Rosen-zweigs Stern lesen, mir doch nicht übel gedeutet?“

[5] Nach fast zwanzig Jahren, am 9. Juni 1956, ist der Ton verschärft:12

„Jetzt noch eine alte Frage (welche schon via Merz und später via Wilhelm Vischer an dich weitergegeben ist) worauf ich jetzt zurück zu kommen wage, nämlich warum weigert Karl Barth sich Rosenzweigs Stern der Erlösung zu lesen? Von 1928 an hämmere ich darauf! Wenn du jetzt eine Art Ferien oder Pause machst“ –im Sommersemester 1956 ließ Barth die Vorlesung ausfallen, rrb– „vertiefe dich, bitte, einmal in dieses ganz große Buch, das so klar wie möglich Zeichen der Einheit der Gemeinde Gottes (in Israël und in der Kirche [s. KD II/2 § 34]) an den Tag bringt (neben der scheidenden Entscheidung). Und wenn KD IV/3 weitergeführt wird [Barth hatte im Wintersemester 1955/56 damit angefangen] – sollte es nicht an der Zeit sein, das moderne Judentum im Kreis der indirekten, und teils unfreiwilligen Zeugen nicht nur zu erwähnen, aber auch seine besondere Stelle anzuweisen?“ Die letzte Anregung ist dermaßen schwerwiegend, dass wir dieser im Folgenden einen speziellen Paragraphen (nämlich den dritten) des Referats widmen werden.

[6] Barth ist dann wohl gezwungen, darauf zu reagieren. Er tut es am 12. Juli 1956 in einem weiter gefassten Zusammenhang.13

„Lieber Heiko, du bist der Seher und Dichter unter meinen Freunden! Wie schön hast du mir da die ,Barthianer‘, den Botticelli, den Stern der Erlösung, den Buddhismus und… sogar mich selbst vor Augen gestellt… um mir selbst, dem so viel Langsameren und Begrenzteren, allerhand ersparen zu dürfen: mich sonnend in deiner Doxa, in der ich es dir ja doch nie gleich tun könnte! Habe du z.B. Rosenzweig gleich auch für mich gelesen! Habe ich mich je geradezu ,geweigert‘, ihn auch selbst zu lesen? Die Sache ist nur die, daß ich eine Hemmung gegen die ganze Geistigkeit des Kreises habe, dem er einst angehörte oder nahestand (,Patmosverlag‘, die beiden Ehrenberg, Rosenstock…) der mich um 1919/20 mit seiner Gnosis überschwemmen und ersticken wollte: eines von den Phänomenen, gegen die ich mich im Römerbrief II zur Wehr setzte. Ich mag, was Rosenzweig betrifft, Unrecht haben: Erzähl du mir einmal gelegentlich das unentbehrlich Neue, das ich bei ihm zu lernen hätte!“

Den fast traumatischen Zusammenstoß vor allem mit Rosenstock können wir hier nicht detailliert ausführen. Er fängt mit der Begeisterung der Patmosleute für den Tambacher Vortrag an, geht durch ein intensives ,Duzen‘ hindurch, aber endet im November 1920 in einer gegenseitigen Entfernung, die von beiden Seiten als unumkehrbar empfunden wur-de.14 Die von Barth signalisierte Gnosis des ,judenchristlichen‘15 Kreises wird von Graham Ward inhaltlich aufgefasst,16 während es auch möglich ist, sie eher nach der formalen Seite aufzufassen: Meinten Rosenstock c.s. doch, dass die christliche Wissenschaft (in Soziologie, Sprachphilosophie usw.) im Zeitalter des kommenden dritten Milleniums eigentlich die Stelle einer altmodischen Biblischen Theologie übernommen haben müsste. Übrigens stellte Rosenzweig, in der Ferne, sich in diesem Konflikt tatsächlich hinter seine Freunde.17

[7] „Erzähl du mir mal gelegentlich…“. Miskotte antwortet ein kleines Jahr später, am 7. Mai 1957:

„Wie gerne hätte ich zu deinem Geburtstag [am 10. Mai] dir ein kleines Geschenk gebracht; es war mir seit lange ein guter Gedanke, deine Herausforderung: zu sàgen wàs man denn von Rosenzweig haben könne, aufzunehmen und ein Büchlein mit Zitaten zusammenzubringen. „Aus bekannten Gründen“ ist auch davon nichts gekommen.“18

Nichtsdestoweniger bietet Miskotte, zwar nicht ein Büchlein, aber doch eine Zitatensammlung von sechs Seiten des acht Seiten langen handschriftlichen Briefes.19 Den Versuch einer Analyse dieser Sammlung wollen wir im zweiten Paragraph des Referats vornehmen. Wir überspringen sie jetzt und kommen zur abschließenden Bemerkung:

„Jetzt Schluß – es ist nicht, was ich meinte. Die Anmerkungen zu Jehuda Halevi’s Zionsliedern, die Briefe vor allem müßten herangezogen wer-den.“

Dazu Folgendes:

7-a. Rosenzweigs Übersetzung von 52 Hymnen und Gedichten des Halevi (mit den Teilen Gott – Seele – Volk – Zion) könnte von Miskotte vor allem deshalb empfohlen worden sein, um Barth von innen mit dem jüdischen Geist näher bekannt zu machen. Das Nachwort und die Anmerkungen gehören aber dazu, und es wäre schwerlich zu vermeiden gewesen, dass Barth dann auch der scharfe Ausfall Rosenzweigs in seine Richtung unter die Augen gekommen wäre. Hätte Miskotte das gewollt und wenn ja, was wollte er dann damit? Wie dem auch sei, zum Lied ,Der Fern-und-Nahe‘, „zugeordnet jener hymnenübersäten Stelle des Morgengebets, die von den himmlischen Rad- und Tiergestalten der Hesehielschen Vision redet“, schwingt es immer wieder „vom Himmelsthron zum Menschenherzen und wieder zurück“. Es lebt von einem einzigen Gedanken: „daß der ferne Gott kein andrer ist als der nahe, der unbekannte kein andrer als der offenbare, der Schöpfer kein andrer als der Erlöser.“ Dieser Gedanke ist „immer neu entdeckt, immer neu vergessen. Denn was die Menschen entdeckten, das vergessen die Theologen“ – „von Paulus und Marcion bis zu Harnack und Barth“. „Und grade um so mehr, um so bessere Theologen sie sind. Die richtigste Theologie ist die gefährlichste.“20 Diese Zeilen sind, wie wir es aus den Briefen wissen, verfasst worden unter dem Eindruck der Lektüre des Zweiten Römerbriefes. Im Dezember 1922 schreibt Rosenzweig an Martin Buber:

„Zwischen Jehuda Halevi hinein lese ich Barths zweite Auflage des Römerbriefs oder eigentlich ich lese drin. Aber doch mit Bewunderung für diese Fähigkeit, aus einer reinen Negation so viel zu machen, dass das Buch an keiner Stelle (…) gleichgültig wird. Aber verstehen Sie, warum er nun eigentlich Christus und überhaupt eine Offenbarung noch anerkennt? (…) Hinter jedem Paradoxon Kierkegaards spürt man biographische Absurda – und deshalb muß man ihm credere. Während man hinter den Barthschen Kolossalnegationen nichts spürt als die Wand auf der sie gemalt sind, und diese Wand ist tüncheweiß – ein sehr tadelloses und wohlgeordnetes Leben (…).“21

Diese Lesefrucht ist der ursprünglichen Impression Miskottes nicht unähnlich, aber offenbar ist es Miskotte – noch abgesehen davon, dass es Barth wohl immer klarer wurde, wie und warum er „die Offenbarung anerkennen“ musste – für sich selber immer besser gelungen „das wirkliche Leben“ in die Texte Barths hineinzulesen, auch wenn dieser das absichtlich immer wieder zu vermeiden suchte.22

7-b. Dann der Hinweis auf die Briefe Rosenzweigs. Miskotte hatte diese schon bald nach ihrer Herausgabe durch Edith Rosenzweig und Ernst Simon in 1935 in den Händen. In seinem Tagebuch schreibt er am 10. März 1936:23 „ωραιον! Die Unmittelbarkeit, Einfalt, Menschlichkeit und Ursprünglichkeit seines Urteils zu allerlei Sachen, von der Politik bis zur Musik, schlägt mich. Und es hängt alles an der (konkreten, historischen, unmythischen, nicht supranaturalen) Offenbarung – das Wort!“ Und so auch später, bei der Herausgabe der zweiten Auflage der Dissertation in 1964: „In jeder Hinsicht ein groß-menschliches, jüdisches Dokument, m.E. mit nichts derartigem vergleichbar“.24 Man kann sich fragen, mit welchen Worten Miskotte seinen Freund Barth auf den (auch 1964 unabhängig davon erwähnten) Briefwechsel zwischen Rosenzweig und Rosenstock aus dem Zeitabschnitt Mai-Dezember 1916 aufmerksam gemacht hätte. Auch in den Tagebüchern spüren wir sein Entzücken:25

„Dass zwei da sind! Wirklich sind! Für die wahre Sittlichkeit braucht man zwei. Die Moral führt einen Mann in die Einsamkeit, die kosmische Masse führt den Mensch in die Einsamkeit. Gott und Mensch – das Wissen, dass zwei da sind, ist der Grund einer unaussprechlichen Freude“.

Zwar hält er die – später im Stern III.1 weiter erörtete – Auffassung Rosenzweigs für unrichtig, als sei das Evangelium nur für die Völker und braucht Israel es nicht, weil es schon beim Vater ist,26 da Jesus doch gesagt hat „ich bin nicht gesandt denn nur zu den verlorenen Schafen von dem Hause Israel“ (Mat. 15:24; vgl. 10:6), aber andererseits kommt es uns doch unwahrscheinlich vor, dass Miskotte in jeder Hinsicht die Positionen des Christen Rosenstock im Gespräch unterschreiben kann. Wo dieser z.B. „das Judentum als Heidentum bekämpft“,27 schließt er selber sich immer wieder und konsequent der Rosenzweigschen Trias Heide – Jude – Christ an.28 Und was hätte er aus diesem Briefwechsel Karl Barth als Frage vorhalten wollen? Vielleicht doch wohl die These, die Rosenzweig seinem Freund gegenüber erörtert, das Theologoumenon der jüdischen Verstocktheit sei ebenso wesentlich für das Christentum wie die Selbstauffassung als Mutterreligion für das Judentum,29 und damit die Frage, ob Barth mit seiner Lektüre von Römer 9-11 (in KD II/2 § 34) diesem Theologoumenon wirklich widerspricht oder doch letztendlich aufs Neue bestätigt?

[8] Miskotte am 9. August 1957:

„Der [sc. Geburtstag-]brief soll gefolgt werden durch mehrere solcher Sammlungen von Zitaten (vor allem aus Rosenzweigs Briefen)“. Fußnote der Redaktion: „diesen Vorsatz führte Miskotte nicht aus“.30

[9] Barth am 29. August 1957:31

„Rosenzweig: Weißt du, was – da du offenbar der Meinung bist, daß ich mich mit ihm beschäftigen sollte – noch besser wäre, als deine schönen Citatensammlungen? Wenn du mir auf ein paar Seiten in einer Reihe von Thesen klipp und klar unterbreiten würdest, welche von ihm vertretenen Wahrheiten ich nach deiner Ansicht zur Kenntnis zu nehmen nötig hätte! Seine eigene Sprache ist mir nämlich schwer zugänglich. Es könnte aber sein, daß es dir gelänge, mich für ihn zu eröffnen, wenn du den Versuch machtest, mir in deiner und meiner Sprache zu zeigen, was ich von ihm zu lernen habe.“

[9-a.] Ein Aspekt dieser Reaktion ist die wichtige Frage der Zugänglichkeit der Sprache Rosenzweigs für Barth. Diese Frage ist wichtig, ihre Beantwortung in Angriff zu nehmen übersteigt aber meine Fähigkeiten. Es scheint klar, dass viele faszinierende Denker in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, die Juden waren – Rosenzweig, Rosenstock, Adorno, Benjamin; für Lukács scheint es nicht zu gelten – eine Gemeinsamkeit in der Sprache, eine Abweichung vom üblichen Deutsch zeigen, ohne dass von vornherein klar ist, wo diese Eigentümlichkeiten herkommen. Könnte diese irgendwie mit der jiddischen Vergangenheit zusammen-hängen? Schon die Umschreibung bietet Schwierigkeiten, umso mehr die Erklärung.32 Nichtsdestoweniger muss man auch sagen, dass eine Lektüre des Sterns zwar schwierig ist, aber auch hinreißend für den, der sich davon verführen zu lassen wünscht. Offenbar hatte Barth dazu nicht die Geduld.

[9-b] Daneben legt Barth wohl den Finger in die Wunde, wenn er Miskotte einlädt, sich thesenhaft zu Rosenzweig zu äußern. Denn es ist richtig, dass dieser in seinen Behauptungen zum Verhältnis der beiden großen Denker, deren Erbschaft er in sich herumtrug, immer sehr implizit geblieben ist. Weshalb hat er es unterlassen, sich die gedankliche Mühe zu machen, die Spannungen zu explizieren, in denen sich seine theologische Existenz nun einmal vollzog, und zu dessen eindeutiger ,Lösung‘ in diese oder jene Richtung er offenbar nicht bereit oder in der Lage war? Weshalb fand das Gespräch mit Barth in dieser Hinsicht auch von seiner Seite schon ein Ende, bevor es wirklich angefangen hatte?

[10] Zur Verdeutlichung dieser Problematik gehen wir etwas ausführlicher auf den letzten Absatz des großen Rosenzweig-Aufsatzes von 1957 ein. Zuerst sagt Miskotte an dieser Stelle:33 „Es wird dem Leser klar geworden sein, wieviel formale Übereinstimmung es offenbar gibt zwischen der Existentialdialektik Rosenzweigs und der dialektischen Theologie, und wieviel von der fortwährenden Konfrontation von Philosophie und Theologie im Allgemeinen abhängt.“ Die behauptete ,Übereinstimmung‘ aber ist im Vorangehenden zwar evoziert, jedoch weniger expliziert. Mit seiner ganzen Existenz lebte Miskotte sie und bekannte er sich zu ihr. Aber weshalb entfaltet er sie nicht in einer diskursiven Auseinandersetzung? Und dann kommt er überdies noch auf das Verhältnis von Philosophie und Theologie zu sprechen, welches sich bei Rosenzweig viel eher aufdrängt als bei Barth. Miskotte fährt dann fort: „Die eigentliche Tendenz des Vorgetragenen geht ja zu einer Erneuerung der christlichen Verkündigung,34 einer Wiederbelebung der Einsicht, daß der Tod, die Sprache und die Zeit kritische Kontrollstellen sind, wo die Unwirklichkeit, die Weltfremdheit, die bleichen Behauptungen (…) geurteilt und verworfen werden sollen.“ „Es handelt sich in einer solchen Verkündigung“, wo man „auch im Denken in Israel einverleibt“ ist, um „die Konkretion von Tag und Stunde, Leben und Weg, Mensch und Menschheit, Sinn und Erfüllung“. Es ist nun eine Frage, ob für Miskotte Existential-dialektik und dialektische Theologie hier nur zusammengehen, oder ob die Kenntnisnahme Rosenzweigs auch die ,barthianische‘ Verkündigung davor behüten soll, in die Unwirklichkeit, Weltfremdheit usw. zu verfallen. Das könnte sein, aber er sagt es gerade nicht ,klipp und klar‘, wie Barth es ihn gebeten hatte.35 Und damit sind wir eingeladen, weiter zu fragen.

  • Die Zitatensammlung 1957

Miskotte fängt seine Sammlung von Zitaten aus dem Stern der Erlösung an mit dem Seufzer: „Die Fülle ist zu groß und der Zusammenhang zu stringent.“ Demnach fehlt eine Skizze des Ganzen,36 so dass es dem Leser nicht leichtfallen sollte, sich den Ort der ausgewählten Zitate gut vorstellen zu können. Wir hören nur: „Teil I hat als Motto: in philosophos!, der zweite: in theologos!, der dritte: in tyrannos!“, aber wie denn im ersten Teil die – idealistische – Philosophie dekonstruiert wird, und die Elemente Gott, Welt und Mensch auseinandergeworfen werden, als eine Aktion, die das Ganze in Bewegung setzt, wird nicht gezeigt. Damit wird Barth, im Unterschied zu den Lesern des Aufsatzes aus 1957, auch nicht aufgefordert, sich mit der Frage der „fortwährenden Konfrontation von Philosophie und Theologie“ auseinanderzusetzen, d.h. mit dem später von Rosenzweig so (nach Miskotte37 „herausfordernd und wehrlos“) genannten „neuen Denken“ als der Alternative für den Idealismus – wobei wir wissen, dass Barth sich als Theologe niemals auf irgendeine philosophische Alternative festzulegen wünscht.38

Miskotte fängt also im zweiten Teil an und zwar mit einer Bemerkung zur Einleitung dieses Teils, welche Barth zugleich verlocken soll: Sie „enthält eine wunderbare Schleiermacher -wertung und -abweisung“. Tatsächlich liegt hier eine auffallende Gleichzeitigkeit der Programme Barths und Rosenzweigs vor: die Distanzierung von der Theologie des 19. Jahrhunderts. Rosenzweig deutet es ungefähr so:39 Die Erfahrungstheologie ließ die auctoritas los, weil sie das verbum scriptum als Bedrohung der reinen Gegenwärtigkeit des Erlebens sah. Sie verstand nicht, dass Offenbarung gerade als Ereignis Erlebnis ist. Damit war die Vergangenheit der Säkularität überlassen, und als solche holte sie die Gegenwart in der Gestalt des Entwicklungsgedankens gerade wieder ein und musste die Theologie wohl dem Historismus verfallen.40

Wir folgen von jetzt an den Zitaten (Nummerierung nach der TVZ-Ausgabe des Briefwechsels).41

6. (Aus Teil II Buch I; Der Schöpfer).42 Der Anfang des Sich-äußerns Gottes ist die Macht in der das Nein (als erstes Wort der Offenbarung) tönte, jetzt aber im Ja Gestalt bekommt. Gottes Ja ist deshalb sozusagen wesentlich für ihn – [Kommentar:43] obwohl die Technik der Lehre der ,Eigenschaften‘ (der ,Gestalt‘) Gottes eine andere ist, könnte Barth sich sehr wohl in der Tendenz wiedererkennen: ,Das Ja Gottes des Schöpfers‘ (KD III/1 § 42).

7. (Willkür und Muß)44 Schafft Gott aus Willkür oder aus ,Muss‘? Die alte scholastische Frage in den drei Traditionen hat einen Sinn: Gott darf von keinem äußeren oder inneren Bedürfnis abhängig sein, aber darf ebenso wenig ,einsam‘, los von der Verbindung, welche er mit der Welt angeht, gedacht werden – Miskotte fügt hinzu: ,als der Liebende‘, und will damit wahrscheinlich Barth auf die Ähnlichkeit mit seiner eigenen Lehre des ,Liebenden in der Freiheit‘ hinweisen (KD II/1, § 28).

8. Das Moment der Freiheit in Gott darf aber nicht fehlen,45 sonst wäre doch die im ersten Teil behauptete gegenseitige Selbständigkeit der ,Elemente‘ Gott und Welt nicht gewährleistet (das wäre ein Rückfall ins Heidentum; und einem Christentum, das sich zu viel in die Welt einfügt, droht dieser Pantheismus immer wieder). Deshalb ist es wichtig festzuhalten (was Rosenzweig der Schellingschen Kategorie der ,ewigen Entscheidung‘ entnommen hat), dass diese Freiheit schon zu finden ist in der Selbstgestaltung Gottes, die seiner Schöpfertat vorangeht – vergleiche die Weise, in der Barth die reformierte Lehre des ewigen Dekrets (als Gottes Entscheidung, KD II/1, 584) zum inneren Grund der göttlichen Taten dynamisiert.

9. In der Macht des Schöpfers äußert sich deshalb eine innere Macht, eine flammende Willkür, in der der lebendige Gott sich selber lebendig machte46 – als eine interna voluntatis divinae actio: Der Deus discernens der sich auch als der Deus Creator zeigt.

10. Die Weltgeschichte hat eine Probe auf dieses Exempel gemacht: Es geht um den Islam (eine Religion, deren Buch keine ,Schrift‘ zugrunde liegt), dessen Gott „reich ist ohne alle Welt“, und dessen Schöpfer sich nicht notwendigerweise an seine Welt binden will.47

11. Während, höchst bezeichnend, die rabbinische Theologie den Begriff der Schöpfermacht formuliert in der Frage, ob Gott die Welt aus Gerechtigkeit und nicht vielmehr aus Liebe geschaffen habe.48  (Mohammed kann so nicht fragen, weil er nicht von der Offenbarung her auf die Schöpfung schließt).

12. (Schöpfung, als Anfang, weist also vorwärts.) Der Mensch als Geschöpf ist das Vorzeichen auf den Menschen als Gottes Kind. Erfüllung ist mehr als Vorbedeutung, Zeichen ist mehr als Vorzeichen49 – vergleiche wie Barth in der Lehre der Providenz KD III/3 § 49.1 die con-servatio (Erhal-tung) zur servatio (Rettung) in Beziehung setzt.

13. (Grammatik des Logos)50 Der Grammatik als der Grundwissenschaft des theologischen Teils des Sterns lässt sich entnehmen, wie die Vergangenheitsform die Gegenständlichkeit des Geschehens vollendet durch die Feststellung, dass dieses Geschehen ,gut‘ war und zu bejahen ist – wir erinnern uns an KD III/1 § 42.1 ,Schöpfung als Wohltat‘ und § 42.3 ,Schöpfung als Rechtfertigung‘.

14. (,Logik der Schöpfung‘)51 Die Welt besteht aus Dingen, aber das Wesen des Dinges ist nicht in ihm [im Ding], sondern in seinen Beziehungen; das Chaos ist in, nicht vor der Schöpfung. (Schöpfung ist also kein Ursprung, sondern strikt Anfang) – ,Gott hat das erste Wort‘ (EG 199): Ist das auch nicht der Ansatz zur Barthschen Lehre vom ,Nichtigen‘ (KD III/3 § 50)?

15. (Gegen die ,idealistische Logik‘) Wer von der Stimme der Offenbarung noch nicht erreicht ist, hat kein Recht, den Gedanken der Schöpfung anzunehmen, als wäre er eine wissenschaftliche Hypothese – Miskotte sieht hier eine formale Übereinstimmung mit Barth: Der Vater wird bei ihm nur durch den Sohn, d.h. durch die Offenbarung, als der Schöpfer erkannt.52 Die Emanationslehre ist die mythische Form der idealistischen Philosophie. Sie macht Gott und Welt, als Erzeuger und Erzeugnis, trotz aller Differenz vergleichbar53 – vergleiche Barth, KD III/1 91-98 zum Unterschied zwischen Schöpfungsgeschichte und Mythos.

16. Die Emanationslehre kann den Gedanken des Urchaos, der Urnacht, die älter ist als das Licht, nicht entbehren.54

17. ,Schöpfung aus nichts‘ (obwohl an sich als Begriff nicht theologischer, sondern religionsphilosophischer Herkunft) enthält in diesem Zusammenhang die Leugnung des Chaos. Die Behauptung des Chaos ist bei einer ,vernunft-gemäßen‘ Theorie des Ursprungs der Welt nicht zu umgehen: Bei der ,Erzeugung‘ wird ein Weltbegriff gefordert, wo der allgemeine Aussage-satz nur verständlich wird, wenn die besondere Aussage „schon länger“ bekannt ist; aber die Theologie setzt hier an Stelle der mathematischen Symbole des Idealismus die Symbolik der Grammatik55 – vielleicht kann man sagen: wie Barth mit seiner Figur eines Besonderen, das als solches das Allgemeine enthält (z.B. KD IV/1, 182)?

18. (Theorie der Kunst) Der Idealismus wagt es nicht, innerhalb der Sprache zu leben, die uns mit der Schöpfung geschenkt worden ist. Statt-dessen suchte die Philosophie für sich selbst, nachdem sie aus Misstrauen diesen Gottesgarten verlassen hatte, ein Menschenparadies und pflanzte dieses in der Kunst. Das sichtbare Zeugnis, das dem Menschen nicht fehlen durfte, ohne dass er aufhörte, Mensch zu sein, ist aber einzig das Wort.56 – Die theologische Lehre des Wortes wird hier also von Rosenzweig sprachphilosophisch verallgemeinert; Miskotte war dafür nicht unempfindlich,57 während Barth zweifellos gezögert hätte.

19. (Teil II Buch II; Miskotte unterlässt es mitzuteilen, dass dieses Buch die Offenbarung zum Gegenstand hat; ,Der Liebende‘, ,Gegenwart‘). Die göttliche Liebe ist keine Eigenschaft, sie ist ein Ereignis. Es fängt nicht mit einer All-Liebe an, sondern Gottes Liebe liebt, wen sie liebt und wo sie liebt.58 Sie ist immer im Heute und ganz im Heute, aber alles tote Gestern und Morgen wird in dieses sieghafte Heute einmal verschlungen. Die Schöpfung, die der Tod krönt und schließt, kann ihr nicht standhalten: Sie muss sich ihr erheben in jedem Augenblick, und darum schließlich auch in der Fülle aller Augenblicke, in der Ewigkeit59– siehe bei Barth KD II/1 § 28.2 über Gottes Sein als der Liebende in der Gemeinschaft und KD IV/2 § 68.2: ,der Grund der Liebe‘.

20. Die göttliche Liebe hat als Demut Erbarmen mit menschlicher Schwäche, und liebt diese vor der Stärke; dies ist dem Islam ein widersinniger Gedanke – mit dieser Abgrenzung, die sich im Stern immer wieder findet, ist Miskotte wohl besonders präokkupiert.60

21. (Treue) Das ist die Gegen-Liebe: der Glaube des Geliebten an den Liebenden. Die Seele ist in Gottes Liebe stille wie ein Kind in den Armen der Mutter, und nun kann sie über das äußerste Meer und an die Pforten des Grabes – und ist doch immer bei Ihm. Deshalb wird sie selbst hier gewogen, nicht (wie aufs Neue im Islam) bestimmte Pflichten, die sie er-füllt hat61 – vergleiche KD IV/2 § 68.3, ,Die Tat der Liebe‘, der Abschnitt zu der Liebe zu Gott.

22. (Die Offenbarung) Nicht wieder Meister des großen Plagiats an der Offenbarung (Mohammed) lässt der echte Prophet Gott reden. Gottes Ich bleibt das Stammwort, das durch die Offenbarung als ein Orgelpunkt hindurchgeht, es sträubt sich gegen jede Übersetzung ins Er. Nur das Ich, kein Er, kann den Imperativ der Liebe sprechen: Liebe mich!

23. Und darauf kann die Antwort nur lauten: Ich habe gesündigt, heißt: Ich war Sünder.62 – Es ist klar, dass Miskotte in seiner Auswahl das ,Befinden‘ des Menschen coram Deo sucht. Zugleich ist er auch (in der Dissertation) der Meinung, nicht nur die Schöpfung, sondern auch die Offenbarung trägt den Aspekt des Indikativs, mehr als Rosenzweig dies anerkennen will.63

Miskotte lässt ,die Mitte der Mitte‘ im Stern der Erlösung, nämlich den Paragraphen zum Namen, weg aus seiner Zitatensammlung. Das ist merk-würdig, da sie doch seine ,eigene‘ Theologie so tiefgehend beeinflusst hat.64 Wohl verweist er auf die Paragraphen ,Episch – Lyrisch‘ bzw. ,Das Wort Gottes: das Hohe Lied‘,65 ohne nähere Erklärung, als ob Barth selber ein Exemplar des ,Sterns‘ vor sich hatte und darin lesen würde.

24. (Teil II, Buch III, ,Erlösung‘; ,Die Liebe zum Nächsten‘).66 Liebe kann nicht geboten werden außer von dem Liebenden selber. Die Liebe zu Gott soll sich äußern in der Liebe zum Nächsten. Deshalb kann die Nächstenliebe geboten werden. Diese braucht eine Voraussetzung jenseits der Freiheit, während moralische Gesetze keine andere Voraussetzung kennen als die Freiheit, dabei aber nur formal bleiben können – vergleiche Barth, KD IV/2 § 68.3, die Fortsetzung.

25. (Das Reich; ,Die werdende Welt‘).67 Die Zukunft wird erlebt nur in der Erwartung. In der Welt als dem noch Werdenden muss die natürliche Reihenfolge der Selbstgestaltung, der Weg von innen nach außen, vom Wesen zur Erscheinung,68 sich umdrehen: Die Gestaltung muss hier beim schlicht und ganz bejahten Wesen enden. – Nachdem Miskotte versäumte, die Struktur des Sterns zu skizzieren, kann der Empfänger nur vermuten, dass es sich, nach Rosenzweig, bei der Erlösung immer um das Element ,Welt‘ handelt: Nicht Gott erlöst den Menschen, sondern Gott lässt den Menschen für sich die Welt erlösen.

26. (Die Religion des Fortschritts).69 Im Gedanken des Fortschritts (von Rosenzweig wieder mit dem Islam verbunden, aber von Miskotte zu Recht mit dem Adjektiv ,modern‘ verknüpft, da für Rosenzweig der Islam immer schon die modernen Missverständnisse der Offenbarung verkörpert), ist die Zukunft keine Zukunft, sondern nur eine in unendliche Länge hingezogene, nach vorwärts projizierte Vergangenheit. Wirkliche Zukunft ist aber nur da, wo es auch die Versuchung gibt, „das Himmelreich zu vergewaltigen“ (Mat. 11:12) – vergleiche hier den dialektisch-theologischen Abschied Barths vom neukantianischen Vertrauen in das unendlich verbesserungsfähige Kulturganze.70

27. (Stammsatz der Erlösung) ER ist gut. „Dies ist das Dach über dem Hause der Sprache, der an sich wahre Satz“71 – ein Satz, der von Miskotte auch dazu gewählt ist, Barth aufzufordern auch seinerseits das Verhältnis des göttlichen JA zu der Sprache, in welcher dieses JA zum Ausdruck kommt, näher zu bestimmen?

Es folgt ein Hinweis auf Rosenzweigs Auslegung des 115. Psalms,72 wie-der ohne nähere Explikation. Es handelt sich erstens um den Triumph des Vertrauens, das die künftige Erfüllung vorwegnimmt im Gebet, und weiter um das Motiv des hinter sich Lassens des Todes, woran im ersten Teil der Idealismus scheiterte: „Nicht die Toten, wahrhaftig nicht, aber Wir, wir loben Gott – aber Wir sind ewig!“.

28. (Teil III. Einleitung. ,Über die Möglichkeit das Reich zu erbeten‘). Das Gebet, das an sich keine magische Kraft hat, kann dennoch in die göttliche Weltordnung eingreifen. Es kann der Liebe die Richtung geben auf etwas, was nicht reif für Liebe ist. Es ist deshalb stets in Gefahr, Gott zu versuchen.73 – Man kann sich hier Barths Reden von der Teilnahme des Christen an der ,Weltherrschaft Gottes des Vaters‘ (KD III/3, § 49.4, spez. 301-326) in Erinnerung rufen, mit diesem Unterschied, dass nach Barth der Christ betet zu demjenigen, der die Welt regiert, während es sich für Rosenzweig im Gebet um die Arbeit des Menschen an der Erlösung der Welt handelt (und dann auch mit einer Bedeutung für Gott in seiner Beziehung zur Welt); Miskotte war sich dieses Unterschieds sicherlich bewusst,74 aber er hat es seinem Freund nicht mitgeteilt. Es ist unklar, warum er das nicht getan hat.

29. (Teil III. Erstes Buch.) In diesem Buch steht vieles über Liturgie – Miskotte sagt hier, obwohl das gepasst hätte, nicht: über jüdische Liturgie. (,Das jüdische Jahr. Soziologie der Menge: das Hören‘).75 Es geschieht im gemeinsamen Hören, wo eine Menge ,ganz Ohr‘ wird. Der Text, der der versammelten Gemeinde als das Wort ihres Gottes gilt, verschafft dem, der ihn verliest, das gemeinsame Hören aller Versammelten. – Man könnte hier vermuten, Miskotte wollte Barth aufs Neue erinnern an die Ähnlichkeit mit seiner Phänomenologie des Hörens in der Lehre vom Worte Gottes. Rosenzweig aber hat später scharf zwischen der jüdischen und der protestantischen Predigt unterschieden.76

„Es folgt ein Vergleich von jüdischen und christlichen Offenbarungs- und Erlösungsfesten.“ Dass Miskotte Rosenzweigs Analyse der kirchlichen Feste (im zweiten Buch des dritten Teils) für richtig gehalten hat, verschweigt er hier. So auch, dass, nach Rosenzweig, Pfingsten zwar die Erlösung inmitten der Offenbarung als Anfang der Zeit der Erlösung besiegelt, aber dass es im Christentum keine eigentlichen Feste der Erlösung gibt.77 „Ich greife ein paar Sätze heraus“: Miskotte beschränkt sich dabei auf die Beschreibung des jüdischen Jahres.

30. (III. Erstes Buch. ,Die Feste der Erlösung‘) Der Einzelne trägt einmal schon im Leben das vollständige Sterbekleid: unterm Trauhimmel. So ist nun auch ein ewiger Augenblick im geistlichen Jahr, wenn der Hausvater einmal das Sterbekleid als Hochzeitkleid trägt: beim ersten der Feste der Offenbarung, beim Abendmahl der Berufung des Volkes zur Freiheit (Pesach).78 Anders aber trägt es der Beter an den gewaltigen Tagen. Und solchem gemeinsam-einsamen Flehen einer Menschheit in Sterbekleidern (am Jom Kippur), einer Menschheit jenseits des Grabes, einer Menschheit von Seelen, neigt sein Antlitz der Gott, der den Menschen liebt, vor seiner Sünde wie nachher. Also, dass der Mensch, dem so das göttliche Anlitz sich neigte, aufjubelt in dem Bekenntnis: Er, dieser Gott der Liebe, er allein ist Gott79 – wie die Versöhnung hier auf die Erlösung bezogen ist, könnte Barth einiges zu denken geben, aber Miskotte zitiert auch hier ohne Kommentar. Ebensowenig gibt er irgendeine Information über Rosenzweigs eigene Existenz als baal t’schuwa (,Um-kehrender‘: seit Jom Kippur 1913!).

Fazit: Vieles in der Sammlung würde für den Empfänger einer näheren Erklärung bedurft haben, vieles enthält eine Anregung, wegen der großen Parallelität beider Denkweisen die Erkenntnisse Rosenzweigs bei der eigenen Reflexion der göttlichen Offenbarung mitzubedenken.80 Darüber hinaus ist in manchem angeführten Zitat eine leise Frage an Barth zu hören, in welcher auch Miskottes eigene Fragen mitklingen. Aber es weist alles auf eine sehr indirekte Kommunikation hin. Ich verstehe eigentlich nicht, warum Miskotte nicht mit dem Zug nach Basel gefahren ist und Barth während eines Nachmittags die Zitatensammlung vorgetragen hat: Dann wären nähere Erläuterung, Gegenfragen und ein richtiges Gespräch möglich gewesen. Denn ich weiß wirklich nicht, was Barth mit dem ihm in dieser Weise zugeworfenen Brocken hätte anfangen können, es sei denn, er hätte sich endlich dazu hingesetzt, den ganzen Stern der Erlösung zu lesen.

  • Irrealis. Was Barth in KD IV/3 hätte anders machen können, wenn er Rosenzweig gelesen hätte

Wir erinnern uns des Satzes aus dem Brief Miskottes vom 9. Juni 1956: „Und wenn KD IV/3 weitergeführt wird – sollte es nicht an der Zeit sein, das moderne Judentum im Kreis der indirekten, und teils unfreiwilligen Zeugen nicht nur zu erwähnen, aber auch seine besondere Stelle anzuweisen?“ In den vier Semestern, in welchen Barth den Stoff dieses Bandes las, hat Barth diesen Rat nicht befolgt. Aber was wäre gewesen, wenn er es doch getan hätte? Ich sehe mindestens vier nicht genutzte Möglichkeiten.

  • Die Geschichte Israels und Jesus Christus als ,vorbehaltlos vergleichbar‘ (§ 69.2)

In KD IV/3, § 69.2, ,Das Licht des Lebens‘ befindet sich ein Abschnitt – der im Juni 1956 vermutlich schon konzipiert war – zu der Frage der Prophetie Jesu Christi im Alten Testament (52-78). Barth führt in ihm die These aus, dass zwar nicht einer der besonderen Zeugen, aber wohl die Geschichte Israels im ganzen eine „adequate Präfiguration“ der Prophetie Jesu Christi, sein „eigentlicher Typus“, mit ihr„vorbehaltlos vergleichbar“ sei, und zwar als (1) sich selbst kundgebende Geschichte, (2) als Licht der Welt, und (3) als Rede aus der Gegenwart Gottes heraus.81

Viele der Fragen, welche Miskotte Barth bei einem Besuch in 1937 gestellt hat oder jedenfalls hätte stellen wollen,82 scheinen hier eine vorläufige Antwort zu finden: ist „die A.T. Schrift Zeugnis, und zwar von Offenbarung, d.h. vom Gekommenen?“ Sicherlich (siehe namentlich Punkt 3)! Geht die Offenbarung dann auch aufs Ganze, weil sie nie-mals nur partiell sein kann? Bestimmt, auch das (insbesondere Punkt 1)! Und ist es möglich, das A.T. „für sich sprechen zu lassen“, und zwar auf solche Weise, dass klar wird, dass das Neue Testament niemals mit den ,Grundstrukturen‘ des Alten strittig sein kann? Auch diese Frage kann jetzt bejaht werden.

Damit ist aber noch nicht klar geworden, wie die heute lebenden Juden für Barth mitreden bei dem Versuch, „das Alte Testament für sich sprechen zu lassen.“ Sehr pointiert spricht er auch hier wieder aus, dass die Geschichte Israels, die der Prophetie Jesu Christi vorbehaltlos vergleichbar ist, mit dessen Erscheinen an ihr Ende kam. Er selbst ist das Nachher jenes Vorher, und die Geschichte Israels und ihre Prophetie können also keine Fortsetzungen mehr haben. Barth wiederholt in diesem Zusammenhang nochmals seine bekannten (Vor-)Urteile: das sog. Judentum ist eine „abstrakte Erinnerung“, „merkwürdig gespenstisch und unfruchtbar“, „ohne rechte und wahre Prophetie“ (KD IV/3, 76). Nun würde auch Miskotte unterstreichen, dass die Geschichte Israels, wie Mose und die Propheten diese bezeugen, einerseits und das Judentum andererseits noch zwei unterschiedene, auch theologisch zu unterscheidende Gegenstände sind. Aber wie viel wäre nicht damit gewonnen gewesen, wenn Barth sich die Mühe gemacht hätte, sich (z.B. zu seinem 2. Punkt) mit dem dritten Teil des Sterns auseinanderzusetzen, und zu fragen wie unter den zeitgenössischen Juden über Israel, als auch heute noch zum ,Weltstämme-Licht‘ gesetzt (Buber/Rosenzweig-Übersetzung von Jes. 42:6 und 49:6), gesprochen und gedacht wird. Hier hat er doch eine ihm gebotene Gelegenheit verpasst.

  • Zum Verhältnis von Versöhnung und Erlösung (§ 69.4)

In Tambach 1919 hat Barth zum ersten Mal von den drei „Gesichts-punkten“ gesprochen, die für ihn bei der Ordnung des dogmatischen Stoffes entscheidend geblieben sind. Sie heißen dann noch: „Schöpfung, Erlösung, Vollendung der Welt durch Gott und in Gott“.83 Schon in dem Vortrag ,Die Kirche und die Kultur‘ (1926) heißt es aber: „Schöpfung, Versöhnung, Erlösung“, und so hat er es auch in der Christlichen Dogmatik im Entwurf (1927) übernommen, mit einem Nachdruck auf die Erlösung.84 In dieser Korrektur hat Miskotte schon in seiner Dissertation (1933) eine Verwandtschaft mit Rosenzweig gespürt:

 „In diesem Trias liegt der volle Akzent auf dem letzten Glied. Das ist jüdisch, das ist biblisch, das ist wirklich. Auch in der biblizistischen (! rrb) Theologie innerhalb der christlichen Kirche wird betont, dass Versöhnung keine Erlösung ist und dass die Offenbarung und die Versöhnung eigentlich identisch sind (Fußnote mit Stellen aus der Christlichen Dogmatik).“85

Wenn Rosenzweig dann, in seiner Phänomenologie der christlichen Feste, die Schlussfolgerung zieht, dass „die Befreiung im Mitten der Zeit hier dermaßen vollkommen ist, daß sie eigentlich den Unterschied zwischen Offenbarung und Erlösung auswischt“, spricht Miskotte von einer „offenkundigen Verzeichnung“.86 Das Neue Testament, behauptet er, sagt es sehr bestimmt nicht so – aber vielleicht doch, wage ich ihn zu korrigieren, das fromme christliche Herz im protestantischen Deutschland am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. In KD IV/3 könnte § 69.4, in der Barth seine Lehre der dreifältigen Parusia Jesu Christi entfaltet (1. seiner in der Auferstehung Jesu schon eingetretenen, 2. seiner im Kommen des Heiligen Geistes gegenwärtig sich ereignenden und 3. seiner in der zukünftigen und definitiven Enthüllung erwarteten Parusia), der Ort par excellence gewesen sein, sich der Gemeinsamkeit (in der Differenz) mit dem Judentum in der Erwartung der zukünftigen Erlösung näher bewusst zu werden.

Übrigens ist es nicht so einfach, die gegenseitige Verteilung des Verhältnisses zwischen Erwartung und Erfüllung, Unruhe und Ruhe unter Juden und Christen richtig zu bestimmen.87 Einerseits betont Miskotte immer wieder, dass das Judentum als solches eine ständige Frage an die Kirche verkörpert:

„Weshalb seid ihr so ruhig? Fühlt ihr euch eigentlich wohl in eurer eigenen Haut? Wie könnt ihr Frieden haben mit dieser Welt, mit eurer eigenen ratio, mit dem Schicksal der Völker, mit eurem eigenen selbstgenügsamen Dasein? Habt ihr eine andere Antwort empfangen von demselben Gott, oder habt ihr das Fragen aufgegeben?“88

Und so hatte Franz Rosenzweig es auch seinem christlichen Freund Eugen Rosenstock gesagt: „wir sind euch das ewig mahnende Denkmal eures Noch-nicht (denn ihr, die ihr in einer ecclesia triumphans lebt, habt einen stummen Diener nötig, der euch allemal, wenn ihr in Brot und Wein Gott genossen zu haben glaubt, zuschreit: „Herr, gedenke der letzten Dinge“).“89 Andererseits kann Miskotte der Aussage Rosenzweig auch beistimmen, wenn er die Legende des Ahasver von sich wirft, denn: „in uns selbst schlugen wir Wurzel, wurzellos in der Erde, ewige Wanderer darum, doch tief verwurzelt in uns selbst, in unserem eignen Leib und Blut. Und diese Verwurzelung in uns selbst und allein in uns selbst verbürgt uns unsre Ewigkeit“.90 Denn so ist es doch in der Verteilung der beiden ersten Bücher des dritten Teils des Sterns: Inmitten des Sterns brennt das Feuer. Das Kernfeuer muss brennen ohne Unterlass. Das jüdische Volk ist da, wo es brennt. Es ist ewig schon zu Hause. Das Jesuswort: „Niemand kommt zum Vater denn durch mich“ (Joh. 14:6) braucht es nicht, denn es existiert nicht im Kommen. Wir hörten schon, dass Miskotte hier nicht völlig mitgehen konnte,91 und das impliziert, dass die Frage offenbar auch umgekehrt werden kann, und gerade die Christen die Juden fragen: seid ihr nicht zu sicher, zu ruhig, habt ihr wirklich eure Versöhnung schon hinter euch? Wenn ihr wirklich an den gewaltigen Tagen „mitten im Leben schon jenseits des Grabes gestellt“ seid, leugnet ihr dann nicht „jeden wirklichen Bruch und jede wirkliche Störung in der Gottesgemeinschaft und haltet ihr dann wirklich einen Frieden des Gemüts für normal?“92 Von der Seite Rosenzweigs lautet dann im Spiegelbild die Frage, die er nach seiner Lektüre des Barthschen Römerbriefs aufgeworfen hat: „welche ist die Begründung einer solchen langweiligen Aschermittwochpredigt?“93 Eine mögliche Antwort Barths wäre zu geben gewesen im Zusammenhang seines Paragraphen über die ,Verheißung des Geistes‘ in KD IV/3, in dem dann auch die (kritische) Bedeutung der Parusia für Israel zu reflektieren gewesen wäre.

Noch eine andere Frage gehört hierher. Wir hörten, wie im Stern die Erlösung eine Arbeit ist, welche der Mensch – coram Deo und auch zugunsten Gottes – an der Welt zu verrichten hat. In dieser Linie hat Miskotte schon 1937 an Barth die Frage formuliert: „Ihr Unterscheiden von ,Versöhnung‘ und ,Erlösung‘ kommt der Jüdisch-orthodoxen Kritik entgegen, aber die Zwischeninstanz der Heiligung ist (bei Ihnen) keine Heiligung der Welt – oder geht zunichte im eschatologischen Gericht.“94 Das Letztere kann man m.E. für KD IV/3 sicherlich nicht mehr sagen. Aber wie ist es dort mit der Heiligung der Welt (als unterschieden von der Heiligung des Menschen, wie sie in KD IV/2 § 66 erörtert worden ist)? Wichtig ist jedenfalls, dass Barth in diesem Band immer wieder betont, wie der Christ als Zeuge nicht nur empfangend, sondern auch aktiv, ,kooperierend‘ an der Versöhnung und ihrer Offenbarung teilnimmt. Und die Stoßrichtung ist ebenso klar: Es handelt sich darum, ,für die Welt‘ da zu sein (§ 72.2). In § 69.4 lesen wir: „Das Geschehen der Wiederkunft“ … „schafft den Raum, die Zeit und die Gelegenheit für das Weltgeschehen, das menschliche Sein und Tun in unserem Bereich“.95 Wie weit das geht ist zu fragen, ist auch speziell unter der Pression des Rosenzweigschen Anliegens mit intensivster Dringlichkeit zu fragen.

  • Die Christenheit als ,Weg unter den Völkern‘ (§ 72.1.2.)

Der ganze Band KD IV/3 ist durch den Gesichtspunkt des missionarischen Auftrags der Kirche, als eine Frage „die in den Gestalten der neuzeitlichen Kirche unübersehbar auf die Theologie zugekommen ist“, geprägt.96 Dass die (moderne) Christenheit eine missionarische Aufgabe hat, war Rosenzweig ohnehin schon in 1918-19 (wahrscheinlich unter dem Einfluss Schellings) völlig klar, klarer als es Barth in jener Zeit gewesen ist. Handelt doch das zweite Buch des dritten Teils des Sterns von den Strahlen oder dem ewigen Weg: Das Licht der göttlichen Liebe erreicht hier die fernsten Winkel, denn Christentum ist Ausbreitung. Dass es sich hier im Besonderen um die Neuzeit handelt, wird zum Ausdruck gebracht durch die (auch wieder auf Schelling zurückzuführende) geschichtsphilosophische Betrachtung, nach welcher seit 1800 die johannäische Kirche die petrinische (römische Ökumene und barbarisches Heidentum integrierende) und die paulinische (auf die durch das Wort christianisierte Seele konzentrierte) Kirche ablösen kam.97 Man kann hier von Barth her reflexmäßig zurückschrecken, aber es geht m.E. tatsächlich um eine Hilfe, sich selbst als neuzeitlicher Christ besser zu verstehen. Rosenzweig meint, dass die christliche Verkündigung in die Innerlichkeit des Westens dermaßen tief eingedrungen ist, dass auch eminent ,heidnische‘ Geister in der Neuzeit trotzdem als Repräsentanten des Christentums zu verstehen seien (Vorbild: der ,dezidierte Nicht-Christ‘ Goethe). Was bedeutet nun diese Einsicht (die von Miskotte in seiner Rosenzweig-Rezeption übrigens vernachlässigt wird) für unsere Lektüre von KD IV/3? Meines Erachtens: Dass wir die Erklärung Barths, sein Entwurf sei neuzeitlich gemeint, buchstäblich verstehen sollen. Es ist bekannt, wie sehr Barth das ,konstantinische Zeitalter‘ hinter sich gelassen hat. Ebenso zeigte er sich in seinen letzten Jahren immer ungeduldiger über jede gehegte ,reformatorische‘ Identität. Offenbar setzt er voraus, wie wir selber ,säkularisierte‘ – nicht seine Terminologie! – Menschen geworden sind. Und gerade für solche Leute strahlt ,das Licht des Lebens‘! Es wäre der Mühe wert, einmal unsrerseits zu versuchen, den dritten Band der Versöhnungslehre ,johannäisch‘ (im Sinne Rosenzweigs) zu lesen, während Barth sich offenbar nicht von Rosenzweig herausfordern lassen wollte, sich selber in diese Richtung explizit zu äußern.98

  • Die Synagoge, die andere Gestalt der Gemeinde Gottes, als Zeugnisgemeinschaft (§ 72)

Randi Rashkover hat ein bemerkenswertes Buch geschrieben: Revelation and Theopolitics. Barth, Rosenzweig and the Politics of Praise.99 Diese jüdische Denkerin, in jüdischer wie in christlicher Theologie und

Philosophie gleichermaßen eingeführt, beobachtet auffallende Parallelen zwischen dem Rosenzweigschen und dem Barthschen theologischen Programm. Wo Miskotte eher die Ansätze von beiden in sich herumtrug, sieht sie, ganz auf der Linie des amerikanischen Pragmatismus, die gemeinsamen Effekte der zwei Denkarten. Zwar ist sie fast nicht an ihrer wechselseitigen Rezeption interessiert, und minimalisiert sie m.E. den potentiellen Konfliktstoff, der ihre These unterminieren könnte (z.B. die tatsächlichen politischen Auffassungen Rosenzweigs), aber das Ergebnis ihrer Untersuchungen ist einladend. Sie ist auf der Suche nach dem Aufbau nicht-fundamentalistischer, aber deutlich von der Offenbarung angeregten Zeugnis- und Dienstgemeinschaften. Nun denn! Es ist klar, dass in KD IV/3 der Zeuge eine zentrale Kategorie bildet (§ 70.1 ,Der wahrhaftige Zeuge‘; § 71.4 ,Der Christ als Zeuge‘), und dass namentlich das Sprechen und Handeln der Gemeinde hier (§ 72) primär als Zeugnis verstanden wird. Richtig ist sicherlich auch, dass Barth diese Kategorie mit Rosenzweig teilt, und dass der christliche Theologe im dritten Teil des Sterns lernen kann, wie das Zeugnis der einen Gemeinde Gottes unterschiedliche Gestalt annehmen kann.

Darum ist es besonders bedauerlich, dass Karl Barth für die Zeugen aus der Synagoge post Christum mortuum et resurrectum (oder für die Zeugen aus dem Judentum in breiterem Sinne) keinen Platz in munere prophetico eingeräumt hat. Dadurch kommen wir im Barthschen Textbefund nicht weiter als KD II/2 § 34, wo bekanntlich Israel als Darstellung des göttlichen Gerichtes, die Kirche dagegen als Darstellung der göttlichen Gnade vorgeführt wird. Das hätte in KD IV/3 § 72 gutgemacht oder besser gemacht werden können – jedenfalls hätte dort eine andere Ordnung der parallelen Existenz Israels und der Kirche geprüft werden können. So bleibt es dabei, dass Barth der Anregung, die sein holländischer Freund ihm als doctor ecclesiae unterbreitet hat, nicht gefolgt ist, und uns dort, wo es gepasst hätte, keinen Gegenentwurf zum dritten Teil des Sterns vorgelegt hat. Er hat offenbar die Gegebenheit – die Gabe! – nicht genügend ernst genommen, dass es für Miskotte (seinem Nächsten, d.h. seinem Wohltäter), neben ihm noch einen großen Theologen aus derselben Generation von höchstem Gewicht gab – es war nicht Rudolf Bultmann, es war nicht Paul Tillich, nein, es war Franz Rosenzweig.

1 K.H. Miskotte, ,Over Franz Rosenzweig‘ (drei Beiträge, Nederlands Theologisch Tijdschrift (1957/58)), jetzt in: Theologische Opstellen (Verzameld Werk 9), Kampen: Kok 1990, (25-82), 25.

2 K.H. Miskotte, ,Het Wezen der Joodsche Religie‘, jetzt in: Verzameld Werk 6, Kampen: Kok 1982. Zu Rosenzweig spez. 278-370.

3 Ansätze sind zu finden bei C.B. Posthumus Meyjes, ,Franz Rosenzweig en K.H. Miskotte: een vervolgverhaal‘, Om het levende Woord 4 (1994), 104-113.

4 In den Niederlanden publiziert in: K.H. Miskotte, Karl Barth. Inspiratie en vertolking (Verzameld Werk 2), Kampen: Kok 1987, 430-540 und dazu von H. Stoevesandt (Hg.), Karl Barth – Kornelis Heiko Miskotte, Briefwechsel 1924-1968, Zürich: TVZ 1991 (195 Seiten).

5 K.H. Miskotte, Uit de dagboeken 1930-1934 (Verzameld Werk 5A), Kampen: Kok 1990, 385.

6 K.H. Miskotte, Wenn die Götter schweigen, München: Kaiser 1963, 136; mit Bezugnahme auf F. Rosenzweig, ,Zur Encyclopedia Judaica. Zum zweiten Band, mit einer Anmerkung über Anthropomorphismus‘ (1928), jetzt in: Gesammelte Schriften III, Dordrecht: Martinus Nijhoff 1984, 735-741. Rosenzweig distanziert sich dort schroff von der üblichen theologischen Art, nur unzureichende menschliche Metapher für das mangelhaft zu erkennende göttlichen Wesen anzuerkennen. Theologie dagegen hat seines Erachtens mit einer Wirklichkeit, und mit wirklicher Erfahrung zu tun. H.M. Kuitert hat in seiner Dissertation diese Bezugnahme Miskottes kritisiert, weil „der Aktualismus Rosenzweigs wohl von einem philosophischen Begriff der Beziehung, aber nicht von der biblischen Verkündigung veranlaßt wird“, vgl. De mensvormigheid Gods, Kampen: Kok 1962, 220. So rasch kann man sich aber Rosenzweigs Verständnis von Offenbarung und Theologie nicht vom Halse schaffen.

7 E. Busch, Meine Zeit mit Karl Barth. Tagebuch 1965-1968, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2011, (737-740), 739.

8 Siehe K. Barth, KD I/2, 87: „sie sind gerade als nun wirklich ,reine‘ Alttestamentler sowohl in dem, was sie als ernste Juden sagen, als auch in dem, was sie als unbekehrte Juden nicht sagen können, zu unserer Frage lehrreich anzuhören“. Siehe auch schon KD I/2, 567.

9 28 Erwähnungen in KD III/1, und eine in KD III/4; davon ungefähr die Hälfte zustimmend, die Hälfte kritisch. Nur die Zitate KD III/1 auf den Seiten 14 und 276 scheinen für das Gespräch zwischen Kirche und Synagoge relevant.

10 K.H. Miskotte, VW 2 (Anm. 4), 446; Barth – Miskotte (Anm. 4) 39.

11 K.H. Miskotte, VW 2 (Anm. 4), 448; Barth – Miskotte (Anm. 4) 42.

12 K.H. Miskotte, VW 2 (Anm. 4), 470; Barth – Miskotte (Anm. 4) 79.

13 K.H. Miskotte, VW 2 (Anm. 4), 471; Barth – Miskotte (Anm. 4) 81.

14 Eine ausführliche Dokumentation, worin bis heute nicht publizierte Briefe aus dem Rosenstock-Huessy Archiv in Bethel, Bielefeld aufgenommen sind, bietet W. Veen, ,Barth und Rosenstock‘, in: Y. Bekker, et al. (Hg.), In de ruimte van de openbaring. Opstellen voor Nico T. Bakker, Kampen: Kok 1999, 261-274.

15 Rosenzweig aber spricht Rosenstock das Recht ab, sich in seiner Taufe Jude zu nennen; F. Rosenzweig, Briefe und Tagebücher (GS I/1), Den Haag: Martinus Nijhoff 1979, 232 (undatierter Brief, September 1916).

16 G. Ward, G. Ward, Barth, Derrida and the Language of Theology, Cambridge: University Press 1995, 69 zitiert z.B. den Brief Rosenstocks an Rosenzweig am 28. Oktober 1916, in: F. Rosenzweig, GS I/1 (Anm. 15), 276: „Wo vordem nur Abrahams Schoß war, ist jetzt lebendige Ewigkeit und Aufstieg der Geister von Stern zu Stern. Die Offenbarung bedeutet den Anschluß unseres Bewußtseins an den über die Erde hinausreichenden Welt- und Naturzusammenhang.“

17 ,Brief an Rudolf Ehrenberg, Frankfurt am Main 3. März 1922‘, in: F. Rosenzweig, GS I/2 (Anm. 15), 756: „Barth hat für mich (ohne das ich Näheres weiß) gegenüber euch einfach deshalb unrecht, weil er euch zuerst angegriffen hat, nicht ihr ihn…“.

18 K.H. Miskotte, VW 2 (Anm. 4), [475], 477-483; Barth – Miskotte (Anm. 4) 88-99.

19 Es mag sein, dass diese Sammlung mit eine Frucht ist der erneuten Rosenzweig-Lektüre für den dreiteiligen Aufsatz ,Franz Rosenzweig‘ (siehe oben, Anm. 1). Diesem Aufsatz voran ging übrigens eine biographische Skizze zu Franz Rosenzweig des mennonitischen Pfarrers Frits Kuiper, der später ein Buch zu Barth, Rosenzweig und… Lenin veröffentlichen sollte: Een klein drieluik van onze bevrijding, Baarn: Ten Have 1974.

20 F. Rosenzweig, Jehudi Halevi, 2. Aufl., Berlin: Lambert Schneider, 43, 188-190.

21 F. Rosenzweig, GS I/2 (Anm. 15), 875-876. Siehe auch GS I/2, 998.

22 Am 14. Februar 1923 schreibt Rosenzweig weiter an Buber: „Ich bin selbst ein ehemaliger mehrjähriger Barthianer. Es ist jetzt bald 10 Jahre her, daß mir Rosenstock meinen Barthianismus wegoperiert hat. Daher aber, (weil ich selbst einmal hinter diesem Busch gesteckt habe), kenne ich auch die Spitzbüberei, die diese Stellung entweder ist oder mit Notwendigkeit wird“, F. Rosenzweig, a.a.O., 893/94, siehe auch am 16. Juli 1924, 979. H.J. Heering, Franz Rosenzweig. Joods denker in de twintigste eeuw, Den Haag: Martinus Nijhoff 1974, 51, sagt aufgrund dieser Aussagen: „Anfänglich hat Rosenzweig sich dem Barthianismus verwandt gefühlt“, und noch schärfer in seinem Aufsatz im Heft Vier joodse denkers in de twintigste eeuw, Kampen: Kok, 1987, 17: „Rosenzweig betrachtete sich selbst jahrelang als Barthianer“. Mir kommen diese Behauptungen unrichtig vor, es sei denn, Heering hat mir unbekannte Quellen gesehen. Rosenzweig sagt Anfang 1923 nicht, dass er ein Schüler oder Anhänger der Theologie Karl Barths gewesen sei (wie konnte er das in 1913 überhaupt werden?), aber dass er sich 1913 vor seiner durch Rosenstock erzwungenen existentiellen Glaubensentscheidung in einer Art geistlichen, intellektuell – negativ theologischen Beschaffenheit befand, die er jetzt im Römerbrief wiedererkennt und deshalb rückwirkend als ,Barthianismus‘ benennen kann.

23 K.H. Miskotte, Uit de dagboeken 1935-1937 (Verzameld Werk 5B),Kampen: Kok 2001, 104.

24 K.H. Miskotte, VW 6 (Anm. 2), (561-563), 562. Im ursprünglichen Text konnten die Briefe selbstverständlich noch nicht verarbeitet werden.

25 K.H. Miskotte, VW 5B (Anm. 23), 237 (27. Dezember 1936).

26 F. Rosenzweig, GS I/1 (Anm. 15), 252 (Brief Rosenzweig Oktober 1916).

27 F. Rosenzweig, a.a.O., 281 (Wiedergabe Rosenzweigs der Position Rosenstocks im Brief 7. November 1916)

28 Siehe G.G. de Kruijf, Siehe G.G. de Kruijf, Heiden, Jood en Christen, Een studie over de theologie van K.H. Miskotte, Baarn: Ten Have 1981, 85ff. und passim.

29 F. Rosenzweig, GS I/1 (Anm. 15), 251-252.

30 K.H. Miskotte, VW 2 (Anm. 4), 484; Barth – Miskotte (Anm. 4) 101-102.

31 K.H. Miskotte, VW 2 (Anm. 4), 486; Barth – Miskotte (Anm. 4) 104.

32 Siehe auch die Bemerkung Rosenzweig in einem Brief an Gerhard Scholem 10. März 1921: „Die deutsche Sprache ist christliche Sprache geworden“, F. Rosenzweig, GS I/2 (Anm. 15), 699. In irgendeiner Weise mussten jüdische Denker sich offenbar in ihrer Sprache dazu verhalten.

33 K.H. Miskotte, VW 9 (Anm. 1), 81-82.

34 Vergleiche auch der Schlusssatz der Dissertation: K.H. Miskotte, VW 6 (Anm. 2), 556.

35 Zu den drei genannten ,Kontrollstellen‘ Folgendes: Vom existentialistischen Motiv des Todes – ihm sicherlich bekannt von Heidegger, sehr wahrscheinlich nicht aus dem ersten Buch des Sterns – kann man sagen, dass Barth es auf seine Weise verarbeitet hat in KD III/2 § 47.5 (,die endende Zeit‘) und KD III/4 § 56.1 (,die einmalige Gelegenheit‘) – dazu führt er in der Feuerbach-Vorlesung 1926 Rosenzweigs Freund Hans Ehrenberg an, der diesen Philosophen einen ,Nichtkenner des Todes‘ genannt hat (Die Theologie und die Kirche, München: Kaiser 1928, 237); von der Zeit hat er sich u.a. in KD I/2 § 14, KD III/2 §47 und KD IV/1 § 62.3 theologische Rechenschaft gegeben, und die Sprache ist z.B.zurückzufinden in der Phänomenologie des Hörens des Wortes (das 1. Kapitel der Dogmatik, namentlich in der Christlichen Dogmatik 1927) und in KD III/2 § 45.2 (,das Sein in der Begegnung‘). Zugleich findet aber immer auch eine Hemmung dieser Motive statt, weil Barth sich, viel mehr als Miskotte, zu fürchten scheint vor einer Überwucherung der Theologie durch die Phänomenologie.

36 Im Niederländischen gibt es glücklicherweise eine schöne Einführung in den Im Niederländischen gibt es glücklicherweise eine schöne Einführung in den Stern der Erlösung in: A. Sevenster, Sabbatsrust voor een zondagskind, Baarn: Agora, 1998.

37 K.H. Miskotte, VW 9 (Anm. 1), 26.

38 Eine Rechtfertigung des Verfahrens Miskottes kann man finden in den Erinnerungen des Arztes Rosenzweigs, Richard Koch: „Er [Rosenzweig] riet mir den ,Stern‘ mit dem zweiten oder dritten Teil anzufangen und den ersten rein gedanklichen erst danach zu lesen. Er meinte, der erste Teil sei auch nicht so wichtig. Wenn man aber schon philosophisch schreibe, dann müsse man es sich so schwer machen, wie er das getan. Nur das sei der Wert des ersten Teils“, F. Rosenzweig, GS I/2 (Anm. 15), 1011.

39 F. Rosenzweig, Der Stern der Erlösung (GS II), 4. Aufl., Den Haag: Martinus Nijhoff 1976, 111ff. Miskotte dazu auch: VW 2 (Anm. ), 296.

40 Siehe auch den wunderschönen frühen Aufsatz ,Atheistische Theologie‘ (1914), F. Rosenzweig, GS III, 687-698, in dem Rosenzweig das christliche Suchen nach dem ,historischen Jesus‘ mit der parallelen Identifikation des historischen, von der Gottesbeziehung losgelösten, Gottesvolkes mit dem idealen Menschengeschlecht im liberalen Judentum vergleicht, und zwischen Historisierung hier und Mythologisierung dort den Gedanken der Offenbarung für unumgänglich erklärt. Und siehe auch, in seinen letzten Jahren, die scharfe Distanzierung von der Bibelkritik des 19. Jahrhunderts: ,Die Bibelkritik‘ (1921), GS III (Anm. 6), 747-748 und ,Die Schrift und Luther‘ (1926), GS III (Anm. 6), (749-772) spez. 761-765.

41 Fußnote 6 in Fußnote 6 in Barth – Miskotte (Anm. 4) = Fußnote 5 in den Verzamelde Werken 2 (Anm. 4), usw.

42 F. Rosenzweig, Stern (GS II), (Anm. 39) 125.

43 Auch im Folgenden folgt jedes Mal, im Anschluss an die Wiedergabe (nicht des ganzen Zitats!) nach dem Strich ein Kommentar, rrb.

44 F. Rosenzweig, GS II (Anm. 39), 126.

45 F. Rosenzweig, a.a.O., 127/128.

46 F. Rosenzweig, a.a.O. 128.

47 F. Rosenzweig,  a.a.O., 129. Bedenke: Der zweite Teil des Sterns beabsichtet nicht, eine ,jüdische‘ Lehre zu bieten, sondern die Wirklichkeit der Offenbarung zu skizzieren. Der Islam erscheint dann immer wieder als Abberation dieser Wirklichkeit.

48 F. Rosenzweig, a.a.O., 130.

49 F. Rosenzweig, a.a.O., 137.

50 F. Rosenzweig, a.a.O., 145. Dieses und die beiden folgenden Zitate bei Miskotte auch in VW 9 (Anm. 1), 52-54.

51 F. Rosenzweig, GS II (Anm. 39), 148.

52 F. Rosenzweig, a.a.O., 149. Siehe K.H. Miskotte, VW 6 (Anm. 2), 315 (mit einem Hinweis auf die Christliche Dogmatik 1927). Für die Abgrenzung von einer ,wissenschaftlichen Hypothese‘ vergleiche KD III/1, Vorwort, vorausgesetzt dass Barth dort keine prinzipielleErbteilung zwischen Theologie und Naturwissenschaft meinte, denn in diesem Fall würde Rosenzweig nicht mitmachen, da für ihn letztendlich nur die Offenbarung Wirklichkeit verstehen kann.

53 F. Rosenzweig, GS II (Anm. 39), 150. Diese und die beiden folgenden Bemerkungen auch bei Miskotte, VW 9 (Anm. 1), 54-55.

54 F. Rosenzweig,  GS II (Anm. 39), 151.

55 F. Rosenzweig,  a.a.O., 153.

56 F. Rosenzweig, a.a.O., 162-164. Bei Miskotte auch ausführlich VW 9 (Anm. 1), 44.

57 Z.B. ,De functie van de taal in het geestesleven en bij het onderwijs‘ (1954), in: K.H. Miskotte, Verzameld Werk 12, Kampen: Kok 1999, 511-525; dagegen war er auch wieder kritisch der Theologie der Sprache Heeroma’s gegenüber, In de Waagschaal 23 (1967-1968).

58 ,Macht Miskotte hier eine Anspielung auf ‚Ubi et quando visum est Deo‘ (Confessio Augustana V)?

59 F. Rosenzweig, Rosenzweig, GS II (Anm. 39), 183. In diesem langen Zitat wird die ganze Bewegung des Zweiten Teils des Sterns: Schöpfung – Offenbarung – Erlösung sehr klar, aber Miskotte unterstreicht es nicht.

60 F. Rosenzweig, a.a.O., 185. Miskotte las Rosenzweig über den Islam, als er 1937 das koloniale niederländische Indien besuchte, z.B. VW 5B (Anm. 23), 313.

61 F. Rosenzweig, GS II (Anm. 39), 191/192.

62 F. Rosenzweig, a.a.O., 198, 200.

63 K.H. Miskotte, VW 6 (Anm. 2), 520.

64 F. Rosenzweig, GS II (Anm. 39), 207-209. Vgl. K.H. Miskotte, Bijbels ABC (1941) und Wenn die Götter schweigen, 73-78, 127-134. Kritisch zur nur scheinbar Barthianisch-Rosenzweigschen Synthese H. Assel, ,Gottes Namen nennen – Karl Barth oder Franz Rosenzweig?‘, ZDTh 45 (Jhg. 22, 1/2006), 1, 8-33, spez. 15-18.

65 F. Rosenzweig, GS II (Anm. 39), 216-217 und 221-228.

66 F. Rosenzweig, a.a.O., 239 (Miskottes Wahl der Sätze macht den Zusammenhang nicht völlig einleuchtend).

67 F. Rosenzweig, a.a.O., 244. Siehe Miskottes Bijbels ABC (Anm. 64), das vorletzte Kapitel: ,die Erwartung‘.

68 Miskotte lässt weg: ,von der Schöpfung zur Offenbarung‘ – weshalb?

69 F. Rosenzweig, GS II (Anm. 39), 253f.

70 K. Barth, ,Das Problem der Ethik in der Gegenwart‘ (1922), jetzt in: K. Barth, ,Das Problem der Ethik in der Gegenwart‘ (1922), jetzt in: Vorträge und Kleinere Arbeiten 1922-1925, Zurich: TVZ 1990 (98-143)110.

71 F. Rosenzweig, GS II (Anm. 39), 257f. Von Miskotte auch zitiert in: Wenn die Götter schweigen (Anm. 64), 73.

72 F. Rosenzweig, GS II (Anm. 39), 280-282.

73 F. Rosenzweig, a.a.O., 301/302.

74 K.H. Miskotte, VW 9 (Anm. 1), 63.

75 F. Rosenzweig, Rosenzweig, GS II (Anm. 39), 343.

76 F. Rosenzweig, ,Der Denker. Nachruf auf A.N. Nobel‘ (1922), in: GS III (Anm. 6), 667-669.

77 F. Rosenzweig, GS II (Anm. 39), 406-407. In VW 9 (Anm. 1), 78 bemerkt Miskotte: „Das eschaton kann in der Kirche nichts anderes sein als die phanerosis der prinzipiell schon erfüllten Zeit; es gibt hier eine typische Übereinstimmung mit der Barthschen Eschatologie“.

78 F. Rosenzweig, GS II (Anm. 39), 362. Siehe bei Miskotte auch VW 5A (Anm. 5), 251.

79 F. Rosenzweig, GS II (Anm. 39), 363. Miskotte, auch VW 9 (Anm. 1), 72-73.

80 Miskotte würde offenbar nicht, ebenso wenig wie Heinrich Assel, einverstanden sein mit dem Verdikt aus dem ,Pathos der Differenz‘ heraus: „Die Kirchliche Dogmatik, der Stern – sie sind inkommensurabel, unvergleichbar, nicht ineinander übersetzbar. Kein Bindestrich also…“ (H. Assel, ZDTh 45 (Anm. 64), 10).

81 Dieser Abschnitt hat bei Hans Urs von Balthasar (1958) zum Vorschlag vom Volke Israels als ,formale Christologie‘ geführt, und dieser Vorschlag wiederum hat Friedrich-Wilhelm Marquardt inspiriert in Das christliche Bekenntnis zu Jesus, dem Juden. Eine Christologie, Bd. 2, München: Kaiser, 1991, 56ff.

82 K.H. Miskotte, ,Vragen aan Barth‘,  VW 2 (Anm. 4), (422-429), 426. Bei manchen Fragen ist es klar, welche Antwort Barth gegeben hat. Bei diesen Fragen hat Miskotte aber keine Aufzeichnungen hinterlassen, aus denen klar wird ob und wenn ja, wie das geschehen ist. Übrigens war 1937 KD I/2 § 14 (von Miskotte in Wenn die Götter schweigen (Anm. 64), 118ff. bejaht) noch nicht erschienen.

83 K. Barth, Das Wort Gottes und die Theologie, München: Kaiser 1924, 49.

84 K. Barth, Vorträge und kleinere Arbeiten 1925-1930, Zürich: TVZ 1994, 20, 25, 29 + 37.

85 K.H. Miskotte, VW 6 (Anm. 2), 307.

86 K.H. Miskotte, VW 9 (Anm. 1), 77, mit Bezugnahme auf F. Rosenzweig, GS II (Anm. 39), 409: „Der Rückblick zu Kreuz und Krippe, die Ereignung der Ereignisse von Bethlehem und Golgotha ins eigne Herz wird wichtiger als der Ausblick auf die Zukunft des Herrn“.

87 Zum Folgenden siehe auch H.J. Heering, Franz Rosenzweig (Anm. 22), 81-83.

88 K. Miskotte, Das Judentum als Frage an die Kirche, Wuppertal: Brockhaus 1970, (7-16), 8. Dieser Text stammt ursprünglich schon aus 1934 und wurde von Miskotte im Laufe seines Lebens mehrmals aufs Neue erweitert und verändert. Vgl. H. Vreekamp, ,Israël vraagt: Miskotte en het jodendom‘, in: Kornelis Heiko Miskotte (1894-1976). Brug tussen cultuur en theologie, Kampen: Kok 1995, (46-82), 47.

89 F. Rosenzweig, GS I/1 (Anm. 15), 285 (Brief 8. November 1916).

90 F. Rosenzweig, GS II (Anm. 39), 338-339; K.H. Miskotte,VW 6 (Anm. 2), 554.

91 Siehe oben, bei Anm. 26.

92 K.H. Miskotte, VW 6 (Anm. 2), 367.

93 F. Rosenzweig, GS I/2 (Anm. 15), 893 (Brief 14. Februar 1923 an Martin Buber).

94 K.H. Miskotte, VW 2 (Anm. 4), 426 Punkt 4.

95 K. Barth, KD IV/3.1, 385.

96 K. Barth, a.a.O., 18.

97 F. Rosenzweig, GS II (Anm. 39), 309-321. Zu den Hintergründen siehe F. de Meyer, Franz Rosenzweig. Leben en werk, Kampen: Kok 1986, 161-162 (mit der dort angeführten Literatur).

98 Beispiel: Der Abschnitt KD IV/3, 840-849, in dem anhand der Sprache und der soziologischen Gestalt der Gemeinde (Sprache! Soziologie! – die beiden großen Themen Eugen Rosenstocks) sowohl ihre ,Weltlichkeit‘ als auch ihre Freiheit gezeigt wird.

99 R. Rashkover, Revelation and Theopolitics. Barth, Rosenzweig and the Politics of Praise, London & New York: T&T Clark 2005.

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R.H. Reeling Brouwer

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