‘Das Imperium kehrt zurück’; bijdrage aan Podiumsdiskussion Deutsche Evangelische Kirchentag

Das Imperium kehrt zurück

Podiumsdiskussion 9.6.07 DEKT in Köln, 11-13 Uhr

1. Frage: Wo kommt der Begriff her?

Imperium bedeutet im Lateinischen zunächst der Befehl, der Auftrag, sodann: die Amtstätigkeit, und mit räumlichem Aspekt: der Machtsbereich, das Reich. Von unten gesehen: die oberste Autorität, der man Tributspflichtig ist. In den biblischen Texten gibt es verschiedene solcher Reichen, mit unterschiedlicher Bewertung: Babylon, Persien, die Seleukiden, Rom. Israel weiß von ihnen, aber weiß auch, daß sie letztendlich überholt sein werden (Daniel 7).

Im heutigen ‚Globalismus’ gibt es Ähnlichkeiten mit der großen imperia der Vergangenheit. Ich nenne 1. die – damals vom imperium Romanum besonders in Anspruch genommene – Maßlosigkeit seines Raums, 2. die Macht die er innehat, die Welt, in der seine Bevölkerung lebt, nicht nur zu organisieren, sondern geradezu zu schaffen, 3. die Verdrängung der Blutbäder, durch welche er sich konstituiert hat und ständig neu konstituiert, und 4. den Anspruch des “ewigen Friedens”, den er bringen soll.

Aber es gibt für uns auch eine andere, eine subversive Erinnerung. Der Kirchenväter Augustin war der Meinung, daß jemals die irdische Stadt von der Gottesstadt, die ins Verborgene schon jetzt neben ihr existiert, abgelöst werden sollte. Und das, so bekennen wir, gilt heute wie damals.

2. Frage: Wie wird der Begriff in dem Buch Empire von Negri und Hardt gefüllt? Wie wurde er in dem Papier des Reformierten Weltbundes in Accra verwendet?

Im Accra-Papier des Reformierten Weltbundes 2004 lesen wir: “Als Wahrheit- und Gerechtigkeitssuchende, die sich die Sichtweise der Machtlosen und Leidenden zu Eigen machen, sehen wir, daß die gegenwärtige Welt(un)ordnung auf einem complexen und unmoralischen Wirtschaftssystem beruht, das von (einem) Imperium (Empire) verteidigt wird.” Offenbar hatte diese Formel Fragen hervorgerufen, denn in einer näheren Erklärung hören wir: “Unter dem Begriff ‘Imperium (Empire)’ verstehen wir die Konzentration ökonomischer, kultureller, politischer und militärischer Macht zu einem Herrschaftssystem unter der Führung mächtiger Nationen, die ihre eigenen Interessen schützen und verteidigen wollen.”

In dieser Definition widerspiegelt sich eine Erfahrung vieler Ausgeschlossener dieser Welt. Zugleich gibt es auch viele, die sich in einer solchen Umscheibung nicht widererkennen können. Der Neoliberalismus, der seit den neunziger Jahren vorherrschend geworden ist, will sich ja doch jedenfalls ideologisch der einseitigen Konzentration der Macht in den Händen Weniger gerade widersetzen, und setzt stattdessen alle Vertrauen auf die ‘Mechanismen’ des ‘freien’ Marktes, dem alle Aktoren, auch die Regierungen, gehorchen sollen – obwohl doch gerade auf diesem Markt täglich hastig von den großen Konzernen ‘konzentriert’ wird.

Aber es gibt noch eine andere Spannung, und zwar im Herzen der Definition von Accra selber. Von verschiedenen Verfassern der Erklärung ist nämlich ausdrücklich ausgesprochen worden, daß sie beim Begriff Empire an das gleichnamige Manifest gedacht haben, das der italienische Philosoph Antonio Negri mit seinem amerikanischen Kollegen Michael Hardt im Jahre 2000 geschrieben hat (Deutsche Studienausgabne 2003). In diesem Buch wird gerade der Unterschied zwischen dem heutigen Empire und den Imperien der Vergangenheit unterstrichen. Die heutige Weltlage, so Negri und Hardt, hat nämlich 1. den alten kolonialen Form der Weltherrschaft, 2. die klassische Souveränitätsausübung und 3. die Dominanz der disziplinierten industriellen Arbeit hinter sich gelassen. In bestimmter Hinsicht sind sie sich mit den Neoliberalen einig: ein Primat des politischen Zentrums wird es nie mehr geben (auch den Vereinigten Staaten unter George W. Bush wird es nicht gelingen, ein solches zu bilden) und ebenso wenig eine sozialistische Kommandowirtschaft. Zugleich hat für sie die Verlegung der Macht in die quasi-objektiven Mechanismen des Marktes noch viel zu viel von den alten Zwangstrukturen in einem neuen Kleid. Stattdessen erwarten sie alles von neuen interkulturellen Energien, die durch den Globalismus ungewollt geweckt werden, von der Freiheitswille der Migranten, von den Kreativität der neuen Formen der Arbeit (Internet widersetzt sich jeder neuen Befehlsgewalt) undsoweiter: ein überraschendes Zusammengehen vieler heterogenen Kräfte, die sie bezeichnen als multitude, Menge, oder als legio, Vielfalt.

Mein Problem  mit der Accra-Erklärung ist, daß sie zwar Einsichte Negris und Hardts nützt für die eigene christliche Konfession angesichts der heutigen Weltlage, aber sich ungenügend fragt, ob oder in wieweit das Empire-Manifest sich dazu wirklich nützen läßt. Zum Beispiel: ‚Accra’ redet im Namen der Leidenden, aber Negri und Hardt wollen diese gerade nicht als Leidende, nur als potenzielle Widerstandskräfte anerkennen. Oder: Accra redet im Namen einer Autorität, der Knecht Jesus Christus, den sie als Herr anerkannt, Negri und Hardt aber leugnen jede Autorität, auch eine messianische Gegen-Autorität. Oder: Accra nennt das Weltsystem ‚unmoralisch’, Negri und Hardt dagegen wollen den Kampf gegen dasselbe System gerade nicht auf einem ‚Sollen’ sondern auf einem ‚Sein’ gründen: die im Verborgenen schon anwesende Potenz des Neuen. Ich meine: darüber läßt sich sicherlich reden. Aber dann wäre es wohl gut, wenn die christliche Gemeinde nicht nur die spinozistischen Philosophen nachredete, sondern sich aus eigenen Gründen und mit einer eigenen –  biblischen – Erzählung fügt in die ‚Menge’ der ,Alternative Globalisten’.

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R.H. Reeling Brouwer

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